5. Zur These der »Semantischen Beschriftung im Film«
In seinem Aufsatz zur Geschichte der
Filmmusik1
1 Schmidt, Hans-Christian: »›Spiel mir das Lied. . . ‹ Ein Überblick zur Filmmusik zum
Kennenlernen und Gefallenfinden.« Universitas 4 (1988) 407–421.
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benennt Schmidt für die Entwicklung der Filmmusik nach der Zeit des pompösen
sinfonischen Opernstils der Filmmusik der dreißiger und vierziger Jahre zwei Tendenzen
des musikalischen Materials. In den fünfziger und sechziger Jahren litt die Filmwirtschaft
erheblich unter der Konkurrenz des Fernsehens, mußte somit den Kostenfaktor niedrig
halten. Dies hatte besonders Auswirkungen auf das Budget des Filmkomponisten,
der nun nicht mehr Partituren für Orchester in großer Besetzung realisieren
konnte. So bilden sich unter dem fortwährenden Zwang einer Reduktion der
filmischen Mittel, der im ständigen Bedarf nach finanziellen Einsparungen der
Filmproduzenten begründet liegt, zum einen die Entwicklung der Filmmusik »zum
nackten Material«, zum anderen die »Tendenz zur semantischen Beschriftung«
heraus. Erstere erläutert Schmidt besonders an den Filmmusikproduktionen von
Fernsehserien: zur Provokation einer lastenden, lähmenden Spannung, beispielsweise in
Kriminalserien, bedürfe es nicht mehr der musikalischen Artikulation eines großen
Orchesters mit dunklen Registern. Die Leere spannender Bilder könne gleichsam
beispielsweise mit »tropfenden Schlagzeugakzenten« ausgefüllt werden. Gefühle wie
Einsamkeit oder Angst werden mit einfachsten musikalischen Themen oder - wie im
Falle von Angst – beispielsweise durch Reduzierung auf bloße Geräusche wie
synthetisch hergestelltes Herzklopfen reduziert. Filmmusik beginnt, sich auf subtile
Andeutung zu beschränken. Voraussetzung hierfür ist, so Schmidt, daß das
Netz der visuellen Informationen weitmaschig genug ist, um Musik eben zum
Zuschauer durchzulassen. Ist die Informationsdichte der visuellen Ebene zu dicht,
so hat die Musik keine Möglichkeit, sich zu artikulieren, vergleichbar mit der
omnipräsenten Filmmusik des Hollywood-Films; als solche die Handlung in
jeder Hinsicht illustrierend verdoppelnd, wirkt sie zuweilen mehr störend als
informativ. Einen Spielraum hat Musik nur dann, wenn die Informationen auf
der visuellen Ebene sparsam erfolgen, wenn das Bild mehrdeutig bleibt, so
daß der Zuschauer nach weiteren Informationen »tastet«. Eine Quelle dieser
Zusatzinformationen ist dann die Musik. Festzuhalten bleibt jedoch auch in diesem
Zusammenhang, daß der visuelle Eindruck im Film stets überwiegt. Die Folge: »Will sich
die Musik bei diesem schiefen Wahrnehmungsverhältnis als eine eigenständige
Mitteilungsqualität behaupten, so muß sie quasi auf Lücke gesetzt werden, und sie muß
in diesen Lücken obendrein sehr schnell, sehr präzise und eindeutig begriffen
werden.«2
Dies verdeutlicht die Reduktion
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