- 75 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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5.  Zur These der »Semantischen Beschriftung im Film«

In seinem Aufsatz zur Geschichte der Filmmusik1

1 Schmidt, Hans-Christian: »›Spiel mir das Lied. . . ‹ Ein Überblick zur Filmmusik zum Kennenlernen und Gefallenfinden.« Universitas 4 (1988) 407–421.
benennt Schmidt für die Entwicklung der Filmmusik nach der Zeit des pompösen sinfonischen Opernstils der Filmmusik der dreißiger und vierziger Jahre zwei Tendenzen des musikalischen Materials. In den fünfziger und sechziger Jahren litt die Filmwirtschaft erheblich unter der Konkurrenz des Fernsehens, mußte somit den Kostenfaktor niedrig halten. Dies hatte besonders Auswirkungen auf das Budget des Filmkomponisten, der nun nicht mehr Partituren für Orchester in großer Besetzung realisieren konnte. So bilden sich unter dem fortwährenden Zwang einer Reduktion der filmischen Mittel, der im ständigen Bedarf nach finanziellen Einsparungen der Filmproduzenten begründet liegt, zum einen die Entwicklung der Filmmusik »zum nackten Material«, zum anderen die »Tendenz zur semantischen Beschriftung« heraus. Erstere erläutert Schmidt besonders an den Filmmusikproduktionen von Fernsehserien: zur Provokation einer lastenden, lähmenden Spannung, beispielsweise in Kriminalserien, bedürfe es nicht mehr der musikalischen Artikulation eines großen Orchesters mit dunklen Registern. Die Leere spannender Bilder könne gleichsam beispielsweise mit »tropfenden Schlagzeugakzenten« ausgefüllt werden. Gefühle wie Einsamkeit oder Angst werden mit einfachsten musikalischen Themen oder - wie im Falle von Angst – beispielsweise durch Reduzierung auf bloße Geräusche wie synthetisch hergestelltes Herzklopfen reduziert. Filmmusik beginnt, sich auf subtile Andeutung zu beschränken. Voraussetzung hierfür ist, so Schmidt, daß das Netz der visuellen Informationen weitmaschig genug ist, um Musik eben zum Zuschauer durchzulassen. Ist die Informationsdichte der visuellen Ebene zu dicht, so hat die Musik keine Möglichkeit, sich zu artikulieren, vergleichbar mit der omnipräsenten Filmmusik des Hollywood-Films; als solche die Handlung in jeder Hinsicht illustrierend verdoppelnd, wirkt sie zuweilen mehr störend als informativ. Einen Spielraum hat Musik nur dann, wenn die Informationen auf der visuellen Ebene sparsam erfolgen, wenn das Bild mehrdeutig bleibt, so daß der Zuschauer nach weiteren Informationen »tastet«. Eine Quelle dieser Zusatzinformationen ist dann die Musik. Festzuhalten bleibt jedoch auch in diesem Zusammenhang, daß der visuelle Eindruck im Film stets überwiegt. Die Folge: »Will sich die Musik bei diesem schiefen Wahrnehmungsverhältnis als eine eigenständige Mitteilungsqualität behaupten, so muß sie quasi auf Lücke gesetzt werden, und sie muß in diesen Lücken obendrein sehr schnell, sehr präzise und eindeutig begriffen werden.«2
2 Schmidt 1988, S. 415.
Dies verdeutlicht die Reduktion

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