lediglich ein Versuch sein, wiederum exemplarisch Gemeinsamkeiten im
Gebrauch autonomer Musik im Film darzustellen, besonders angesichts der
Tatsache, daß autonome Musik im Film eine lange Geschichte hat und Regisseure
heute mehr denn je auf dieses dramaturgische Mittel zurückgreifen. Wie der
einzelne Regisseur das Zitat einsetzt, ist erneut im Einzelfall zu untersuchen
und entzieht sich damit jeder Pauschalisierung. Grundsätzlich weist Maas – zu
Recht – auf einen wichtigen Punkt hin: »Die Frage nach der Funktion einer
bestimmten Filmmusik für eine bestimmte Filmszene bedeutet einen hypothetischen
Interpretationsprozeß. Es kann nur vermutet werden, welchen Zweck Regisseur und
Komponist durch die verwendete Musik erreichen wollten. Gewißheit kann es hier kaum
geben.«30
Bei der zentralen Frage nach der Funktion autonomer Musik im Film ist daher auch der
historische Kontext des Zitats von großer Bedeutung. Kloppenburgs methodischer
Ansatz, der das Verhältnis zwischen der musikalischen Struktur der takes in ihrem
historischen Kontext und den von ihr unterlegten Bildern als filmischer Kontext in den
Mittelpunkt stellt, garantiert damit einen geeigneten Ausgangspunkt, um dem –
trotz allem – hypothetischen Interpretationsprozeß eine faktische Grundlage zu
geben.
Auffällig ist trotz allem, daß allein der Versuch einer Gegenüberstellung von einschlägig zitierten Modellen zur Funktionalität von Filmmusik zahlreiche Überschneidungen begrifflicher Art mit sich bringt. Während Maas beispielsweise von semantischen Funktionen spricht, faßt Thiel dasselbe Phänomen unter dem Begriff der affirmativen Bildinterpretation- bzw. einstimmung sowie der Bildillustration zusammen. Unter dem Begriff der psychologischen Funktionen kann Filmmusik nach Schmidt affirmativ wirken, nach Thiel kann sie jedoch auch unter dramaturgisch-inhaltlichem Aspekt affirmativ fungieren. Dies zeigt, wie sehr Wissenschaftler bemüht sind, den scheinbar unüberwindbaren Katalog an möglichen Funktionen terminologisch zu erfassen und zu systematisieren. Ein bezeichnendes Beispiel hierfür ist Lissas unüberschaubarer und daher oft gerügter Versuch einer funktionalen Systematisierung. Die terminologische Verwirrung weist jedoch über sich selbst hinaus. Sie ist ein Indiz dafür, daß Filmmusik sich nicht damit begnügt, ausschließlich dramaturgisch-inhaltliche, psychologische oder syntaktische Funktionen im Film zu übernehmen. Sie wirkt im Idealfall auf mehreren Funktionsebenen zugleich. Und gerade das zeichnet eine gute Filmmusik aus. Die hier vorangestellte Systematik möglicher Funktionen soll daher keinen Anspruch auf Perfektion erheben, sie dient – wie eingangs erwähnt – lediglich als Hilfsmittel.
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