- 73 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (72)Nächste Seite (74) Letzte Seite (600)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Bild-Musik-Beziehungen sollten keine filmmusikalischen Funktionen herausgezogen werden. Nach Meinung von Kloppenburg stützen sich die Systematisierungsversuche von Arnheim, Kracauer oder Thiel, die Begriffe wie Affirmation oder Kontrastierung verwenden, zu sehr auf das Naheliegenste: das gleichzeitig zur Musik erscheinende Bild und seine Inhalte, weniger oder überhaupt nicht auf die Verknüpfung der Bilder zur spezifischen Dramaturgie eines Films. Aus diesem Grunde repräsentieren die Kategorien für ihn einen eingeengten Blickwinkel, die er als Herangehensweise ablehnt und daher besonders die Theorien von Prendergast und Motte-Haber bevorzugt.28
28 Kloppenburg 1986, S. 43.
Die Beachtung des gesamtfilmischen dramaturgischen Kontexts ist gerade im Falle der Filmmusik in Form eines autonomen Zitats, das bereits einen semantischen Kontext in die Dramaturgie des Filmes transportiert, von großer Bedeutung. Trotzdem schließt eine detaillierte Analyse einer einzelnen Szene den Bezug zum gesamtdramaturgischen Zusammenhang nicht aus. Da autonome Zitate im Film in der Regel sehr sparsam eingesetzt werden, ist es geradezu notwendig, die einzelne Sequenz zunächst zu analysieren, um sie anschließend von ihrer semantischen Prägung in der jeweiligen Sequenz in die Gesamtdramaturgie des Filmes einzuordnen. Die semantische Prägung durch den Kontext des Zitats soll also bei der Analyse nicht nur einen Bezug zur einzelnen Sequenz, sondern auch notwendigerweise zur Gesamtdramaturgie, für die Kloppenburg sich ausspricht, haben, in die sie sich im Idealfall mit dem ihr eigenen Kontext einfügen soll. Der Gefahr einer einseitigen Analyse wird allein bereits durch die Darstellung der Dramaturgie des Films vorgebeugt, denn Musik ist trotz allem nur ein Gestaltungsbereich des Films und muß in ihrer Funktionalität in Relation zu anderen Ebenen gesetzt werden (Dramaturgie, Kameraarbeit etc.).

Bei allen Systematisierungsversuchen der Funktionalität von Filmmusik warnt Maas jedoch vor einer Pauschalisierung in bezug auf verschiedene Filme: Die Bestimmung von Filmmusik müsse den Einzelfall als Bezugs- und Ausgangspunkt aller Überlegungen wahren. Jede Klassifikation habe nur den Sinn, für den einzelnen Film Hinweise darauf zu liefern, warum hier gerade in der Szene die bestimmte Musik eingesetzt ist. Jeder Film könne potentiell neue Funktionen der Filmmusik »erfinden«.29

29 Maas 1994, S. 31.
Die Analyse der Filmbeispiele soll dem Rechnung tragen. Da es sich um ausgesuchte Beispiele aus der Filmgeschichte handelt – um eine exemplarische Analyse – ist ein Anspruch auf Allgemeingültigkeit von vornherein ausgeschlossen, eine Forderung, die bei einem so weiten und differenzierten Thema wie der Filmmusik sowieso nicht zu leisten ist. Somit werden bei den folgenden Analysen nach Möglichkeit alle Kategorisierungen auf ihre Anwendbarkeit untersucht, um allen Komponenten der filmischen und musikdramaturgischen Vermittlung von Funktionen gerecht zu werden. Im Hinblick auf die spezifische Rolle des autonomen Zitats soll jedoch versucht werden, Gemeinsamkeiten im dramaturgischen Gebrauch zwischen einzelnen Filmen aufzuzeigen – soweit sie überhaupt vorhanden sind. Eine mögliche Zuordnung verschiedener Filme hat jedoch auch hier nicht das Ziel, autonome Musik im Film in gewisse Funktionsschemata zu pressen, die Allgemeingültigkeit oder gar kontinuierliche Anwendbarkeit in bezug auf andere Filme beanspruchen – im Gegenteil: eine thematische Zuordnung verschiedener Filme soll

Erste Seite (i) Vorherige Seite (72)Nächste Seite (74) Letzte Seite (600)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 73 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik