Musik erleichtert also die Identifikation des Zuschauers mit dem Leinwandgeschehen. Sie
verschafft ihm einen leichteren Zugang aus seiner Wirklichkeit heraus in die filmische
Fiktion. Sie transportiert die Glaubhaftigkeit der im Film vorgetäuschten Realität und
bewirkt eine emotionale Identifizierung.
Filmmusik hat eine strukturierende Funktion, wenn sie als ein »mehr oder weniger
vager Reizhintergrund« die optischen Gestalten der Leinwand konturiert. De la
Motte-Haber vermutet in der Wahrnehmung von Filmmusik einen psychologischen
»Figur-Grund-Bezug«: zwar sei es nicht auszumachen, wie weit die menschliche
Aufmerksamkeit willentlich gesteuert werden kann, doch nehme man an, daß die
selbststeuernden Prozesse bei der filmischen Wahrnehmung herabgesetzt werden, so sei
die Aufmerksamkeit mehr oder weniger unwillkürlich, die einem ständigen Wechsel
unterliegt. Was deutlich hervorgehoben werden soll, muß daher besonders gekennzeichnet
werden, beispielsweise durch Musik als Reizhintergrund, die auf Besonderheiten
hinweist, ohne selbst zum Mittelpunkt zu werden, denn in erster Linie ist die
Wahrnehmung des Bildes intendiert. Demnach bildet die Musik den Grund,
in den das Bild eingebettet ist. Sie ist ein diffuser Hintergrund mit zugleich
dynamisierenden Eigenschaften. Damit vermag sie die Konturen auf der Leinwand
plastischer hervortreten zu lassen. Schmidt faßt diese Funktion zusammen: »Ohne
Musik kann das Wichtige übersehen werden; mit Musik wird sogar das Banale
bedeutungsvoll.«15
15 Schmidt 1982a, S. 172.
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Affizierend ist Filmmusik, wenn sie als Reizmoment Affekte freigibt, die begriffslos
sind und die vom Zuschauer auf die optisch konkreten Bilder projiziert und damit
greifbar werden. Der Zuschauer wird also affektiv durch die Musik einbezogen. De la
Motte-Haber schreibt hierzu:
»Zum einen klärt die Verankerung im Erleben die Funktionen der Filmmusik
auf und damit ihren Unterschied zum Kontemplation heischenden [...] autonomen
Musikwerk. Zum anderen aber ermöglicht die Verankerung im Erleben eine
Interpretation der Bedeutungseinheit von Bild und Musik. Wird mein Herz
mit Regungen gefüllt, ohne daß ich das bewegende Etwas benennen könnte,
so hefte ich, um den Ausfall der kognitiven Bewertung zu kompensieren, sie
an andere, gleichzeitig einwirkende Ereignisse. Je konkreter diese sind, je
bildlicher, desto deutlicher ausgeprägt sind dann Zuständlichkeiten. Daß der
Zuschauer recht unspezifisch erregt werde, dies aber zur Bedeutungsaufladung
des Bildes führe, ist der Sinn jener kurzen Stückchen Musik [...].«16
16 Motte-Haber/Emons 1980, S. 212.
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4.1.5. Syntaktische Funktionen
Im Gegensatz zu den bisher angeführten Kategorisierungen von Funktionen ist de la
Motte-Haber bemüht, jenen – wie Kloppenburg meint – nicht logischen und schwer
kommunikablen Systemen eine Klassifikation gegenüberzustellen, die stärker auf die rein
strukturierend syntaktische Funktion der Filmmusik abzielt. Während alle bisher
genannten Funktionen lediglich auf einzelne Szenen anwendbar sind, erläutert sie
Funktionen, die nicht nur strukturierend in einer Szene wirken, sondern auch die Rolle
der Musik den Aufbau des gesamten Films und seine Darbietung als Montage
betreffend in den Vordergrund stellen. Ihre Klassifizierung greift Maas
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