konnotativen Funktionen spricht er, wenn die
Bildebene durch Musik »gefühlsmäßig bereichert« wird, beispielsweise durch die
stimmungsuntermalende mood-technique; eine Funktion, die in ihrer Bedeutung der
affirmativen Bildinterpretation und -einstimmung Thiels nahekommt. Konnotativ
fungiert Filmmusik auch als Bewegungsverdoppelung im Sinne des mickey-mousing,
vergleichbar mit Thiels Bildillustration. Schließlich zählt Maas zu den konnotativen
Funktionen auch die physiologische Stimulation des Zuschauers, beispielsweise durch das
Mittel des Sensurround. In denotativer Funktion erhält Musik eine begrifflich faßbare
Bedeutung, beispielsweise wenn sie durch Leitmotive auf einzelne im Bild an-
oder abwesende Charaktere hinweist, wenn sie musikalisch historisches oder
geographisches Kolorit vermittelt, wenn sie gesellschaftliche Zustände musikalisch
klarstellt, wenn sie Denken oder andere unsichtbare Handlungselemente akustisch
symbolisiert.12
Interessant für die Fragestellung der autonomen Musik im Film ist die Tatsache, daß
Maas auch das musikalische Zitat unter den Begriff der denotativen Funktionen faßt, es
also als begrifflich faßbaren Verweis definiert. Im Zusammenhang der vorangestellten
These wird dies näher zu erläutern sein. Wird Musik auf sich selbst verweisend zum
Filminhalt, wie etwa ein gefilmtes Konzert, dann läßt sich die Funktion der Musik nach
Maas als reflexiv und authentisch bezeichnen.
4.1.4. Psychologische Funktionen
Schmidt teilt Funktionen von Musik im Film ebenfalls in drei Rubriken, allerdings
basieren diese eher auf psychologischem und wahrnehmungs- bzw. wirkungsorientiertem
Hintergrund: Filmmusik kann affirmativ, strukturierend oder affizierend
sein.13
13 Schmidt 1982a, S. 172.
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Während Thiel unter der affirmativen Bildinterpretation die Widerspiegelung der
seelischen Verfassung der Leinwandhelden versteht – also in rein dramaturgischem Sinne
– faßt Schmidt unter diese Funktion Musik, die insgesamt oder zu bestimmten
Filmszenen die Glaubhaftigkeit der im Film dargestellten Realität im Sinne einer
emotionalen Identifizierung bewirkt. Nicht vom Inhalt, sondern vom Zuschauer
ausgehend, leitet er die Funktion der Musik von ihrer Wirkung auf diesen ab. Hierbei
argumentiert er mit den Ausführungen de la Motte-Habers. Zur Frage der Wirkung von
Musik vermutet sie,
»daß es eher jene den Abbau von Ichfunktionen, d.h. den Abbau von Realitätsbezügen
vermittelnden Prozesse sind, die die Wirkung von Musik ausmachen. Daß
mit dem Rückzug aus dem Wachbewußtsein, mit dem Ausweichen aus der
aktiven Wahrnehmung in die Phantasie gefühlshafte Zustände mobilisiert
werden, deren Annehmlichkeit zweifelhaft ist, mag zusätzlich auch eine direkt
angstlösende Funktion der Musik erklären; sie fügt Erlebnisse zum »als ob«,
die Realität sind. [...] Eine akustisch vermittelte Raumwahrnehmung im
Kino anzunehmen und zugleich von einer Reduktion der Objektbesetzungen,
d.h. einer geminderten Erfahrung der Umgebung, auszugehen, zeigt das komplizierte
Verhältnis der filmischen Wahrnehmung zur Realität. [...] Die Musik wahrt
einerseits den realen Raum und setzt andererseits als stark gefühlsauslösendes
Medium die Selbststeuerung herab. [...] Das »Als ob« gewinnt an Realität.«14
14 Motte-Haber/Emons 1980, S. 190–191.
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