Eine Unterteilung wie etwa »Musik als Unterstreichung von
Bewegungen«, »Musik in ihrer natürlichen Rolle« oder »Musik als Grundlage der
Einfühlung« sollte hier nicht vorangestellt werden, sondern am Ende der Analyse stehen.
Dies gilt besonders für Funktionen, die Inhalt und Dramaturgie eine Films betreffen. Sie
dürfen der Analyse nicht als unflexible Kriterien vorangestellt werden. Filmmusik nach
diesen Kriterien zu untersuchen erscheint wenig sinnvoll, da sie stark von dem
subjektiven Eindruck, der individuellen Interpretationszielsetzung oder der
ideologischen Haltung des Analysierenden abhängen. Wenn man Filmmusik
anhand von a priori festgesetzten spezifischen Parametern untersucht, besteht
die Gefahr, daß man den vom Gesamtkonzept eines Films jeweils abhängigen
Eigenheiten und spezifischen Aufgaben der Filmmusik nicht gerecht wird. Als, so
Brößke, unabdingbare Voraussetzung einer individuellen Interpretation und
Funktionsbestimmung von Musik im Film gilt mitunter eine protokollarische
Musikdarstellung und kein vorgefertigtes Funktionsraster. Aus diesem Grunde werden in
den folgenden theoretischen Absätzen lediglich allgemeine Funktionskategorien
genannt.
4.1. Theoretische Modelle zur Funktionalität
4.1.1. »Filmmusik, die man nicht hört«
Eine Auffassung von der Funktion von Filmmusik, die besonders Rudolf Arnheim prägte.
Er drängte ihre Rolle auf die möglichst unauffällige Begleitung zurück; über die
musikalische Begleitung im Stummfilm schreibt er:
»Filmmusik war immer nur dann gut, wenn man sie nicht bemerkte, und
gute Musik ist zu schade zum Nichtbemerktwerden! Die Filmmusik war an
sich kaum mehr als eine schlechte Angewohnheit, denn wer öfter Filme ohne
Begleitmusik gesehen hatte, weiß, daß man sich sehr schnell daran gewöhnte
und die Musik keineswegs vermißte.«3
3 Arnheim 1932, S. 304–305.
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Die Tatsache, daß im Tonfilm Produzenten und Komponisten hinzutreten,
die für jeden Film eine neue Filmmusik komponieren, veranlaßt Arnheim,
der Filmmusik, die »nicht ohne künstlerischen Reiz ist«, zumindest einen
den »Stimmungsgehalt« des Filmes »betonenden« Charakter zuzugestehen
– eine Mühe, die »für den Tonfilm nicht so vertan ist wie für den stummen
Film.«4
Ein semantisches Verhältnis der Filmmusik zur Dramaturgie der Filmhandlung kommt
für Arnheim jedoch nicht in Betracht. In dieser Hinsicht gesteht er ihr lediglich die
Funktion des »Lückenbüßers« zu, der eintritt, »wenn dem Regisseur keine Geräusche
einfallen.«
4.1.2. Physiologische und ästhetische Funktionen
Kracauer unterscheidet mit dieser Einteilung von Funktionen zwischen Stumm-
und Tonfilm. Die physiologische Funktion ordnet er dem stummen Film zu. Er
geht – wie eingangs bereits erwähnt – von der Hypothese aus, daß Filmmusik
eigentlich nicht wahrgenommen werden will. Ihre einzige Funktion besteht
darin, »den Zuschauer dem Fluß der Bilder auf der Leinwand physiologisch
anzupassen.«5
Anpassung
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