- Wird die Intensität der Musik nach ihrem Verklingen nicht fortgeführt,
so empfindet der Zuschauer/Zuhörer eine Leere, die sich in eine intensive
Erwartungshaltung umwandeln kann. Das Musikende ist sehr auffällig und
akzentuiert – ähnlich wie das analoge Gegenstück des Musikeinsatzes –
den jeweiligen Punkt von Handlungs- und Bildverlauf. Manche Regisseure
verwenden diese Mittel des abrupten Musikabbruchs auch zu einer Art
Kommentierung, als wollten sie den Hörer entlarven, sich der verführerischen
Wirkung der Musik hingegeben zu haben. Dadurch wird ebenso das
Inszenierte, Künstliche des Films deutlich: Musik soll nicht einlullen, sondern
in solchen Fällen eher Distanz schaffen.
- Ein weit verbreiteter, nach Schneiders Ansicht etwas billiger Effekt, ist das
langsame Ausblenden einer Musik, nachdem sie die Filmbilder emotional
eingefärbt und damit ihre Funktion erfüllt hat.
- Eine weitere Möglichkeit ist, das Ende des Musiktakes in Geräuschen verschwinden
zu lassen. Damit wird der »Innerlichkeit« der Musik das Äußere, die Realität
der Geräusche entgegengesetzt. Für den Zuschauer kommt dieser Gegensatz
oft einem Ortswechsel von »innen« nach »außen« gleich und wird als subjektiv
bzw. objektiv empfunden.42
42 Schneider 1986, S. 132–134.
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3.2.6. Musik und Geräusche
Im Idealfall müßte die Geräuschdramaturgie ein Teil der Musikdramaturgie sein; »Musik der
Geräusche« nennt Lissa diese Verbindung. Geräusche im Film verschaffen mitunter die
Wirklichkeit, der sie entstammen, in der etwas geschieht, in der Bewegung herrscht, die
stets Geräusche verursacht. Sie sind also das akustische Korrelat der im Bild gezeigten
Gegenstände.43
43 Vgl. Kap. 2.1, Auditive und Visuelle Schicht im Film.
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Amerikanische Regisseure jedoch tendieren in der Regel zu einer sauberen Trennung von
Musik und Geräuschen, sonst wäre die Gefahr einer »Seifenoper« perfekt (Zitat Nicos
Mamangakis). Dieses konsequente Sich-Entscheiden »Musik oder Geräusche« ist für
Schneider eines jener Merkmale, das der amerikanische Film im Durchschnitt
gesehen dem deutschen Film voraushat: wenn im amerikanischen Film Musik für
dramaturgisch wichtig erachtet wird, dann wird diese – oft über Szenenwechsel und
Raumgrenzen hinweg – als Hauptträger der akustischen Schicht beibehalten, ohne daß
durch Atmosphärenwechsel auf Geräuschebene große Brüche entstehen. Darüber
hinaus kann eine fehlende Geräuschkulisse auch ihren Eigenwert haben. Sie kann
z.B. in Verbindung mit einer im Bild gezeigten Person Einsamkeit und Stille
ausdrücken.
Dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Musikdramaturgie mit der Geräuschebene
zu verbinden. So kann in den Teilen eines Films, wo reale Geräusche unterdrückt werden
und Musik konsequent als Hintergrund gewünscht wird, diese nicht nur eine Stimmung
ausdrücken, sondern selbst die weggefallenen oder unterdrückten Geräusche stilisieren,
d.h. sie nähert sich dem Geräusch an. Seit der Programmusik des 19. Jahrhunderts
stehen den Komponisten zahlreiche kompositorische
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