und
zu verstehen ist. In der Filmgeschichte sehr beliebt ist hier die Großaufnahme, die wie
ein Possessivpronomen auf das umliegende Bildmaterial einwirkt: die Großaufnahme und
der Einsatz der Musik bedeuten meist, daß diese Person diese Stimmung oder diesen
musikalischen Gedanken in sich trägt. Fehlt diese Angabe der Hörerperspektive, so
kann Musik vieldeutiger sein. Schneider stellt hierzu einige Modelle zu den
verschiedensten Formen des Musikeinsatzes und ihrer semantischen Bedeutung
vor:
- Die Musik setzt unmittelbar mit dem Schnitt in einen neuen Raum ein. Musik
wird hier stark vordergründig, meist auch als Bildton gehört. Nach de la
Motte-Haber bittet die Musik hier lediglich, wachsam zu verfolgen, wohin die
Kamera führt. Die unwillkürlich erfolgende Steuerung der Aufmerksamkeit
durch akustische Signale muß so unauffällig sein, daß der Reiz selbst nicht zum
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit wird. So werden die akustischen Signale
zwar wahrgenommen, jedoch aktivieren sie nur; sie fördern die Wachsamkeit
des Zuschauers, ohne selbst zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu werden.41
41 Helga de la Motte-Haber: »Wirkungen der Filmmusik auf den Zuschauer.« Musica
34 (1980) 15.
|
- Die Musikquelle wird im Bild gezeigt; der Musikeinsatz ist vorhersehbar,
beispielsweise durch Einschalten eines Radios.
- Musikeinsätze erfolgen oft auch als Reaktion auf Worte des Dialogs, wenn
dadurch eine emotionale Spannung oder gar Wende auftritt.
- Das Musikstück, das mit dem Blickkontakt zweier Personen beginnt, scheint
die Intensität des »Energiestroms« zwischen beiden zu verstärken.
- Musikeinsätze auf ein Geräusch oder eine punktuelle Aktion, z.B.
Türenknallen, werden nur selten gebraucht; in einem solchen Falle dienen sie
meist zur punktuellen Hervorhebung.
- Leise Musikeinsätze, die bei Filmstellen mit einem großen Geräusche-
Lautstärkepegel beginnen und plötzlich da sind, wenn der reale Lärm
verflogen ist, wirken sehr expressiv, da sie im Gegensatz zu dem Lärm
die Zartheit und Bescheidenheit des durch leise Musik Repräsentierten
akzentuieren.
- Musikeinsätze können karikieren, wenn sie auf einer betonten
Nebensächlichkeit liegen.
- Einsätze der Musik ohne dramaturgische Vorwarnung werden meist als
Verstoß gegen die Hörgewohnheiten und als unsensibler Angriff auf das Ohr
des Zuschauers als negativ gewertet.
Ende eines Musiktakes:
- In der Regel wird die Präsenz von Musik bei ihrem Verklingen von einer
anderen Ebene fortgeführt. Sehr typisch ist, daß die Musik endet und die
Handlung sofort die gesamte Aufmerksamkeit des Zuschauers an sich reißt,
so daß kein Spannungsloch entsteht.
|