- 61 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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Möglichkeiten der Geräusch- oder Naturnachahmung bereit. Darüber hinaus genügt oft eine musikalische Andeutung der im Bild gezeigten Bewegung, beispielsweise durch rhythmische Analogien – und dem Bedürfnis nach Geräusch im Film ist Genüge getan. Filme, in denen der Regisseur jedoch nicht auf eine reale Geräuschatmo verzichten möchte, zeichnen sich meist durch eine sehr authentische Filmmusik aus, da die Geräuschwelt integriert ist. Möglichkeiten, dies zu bewerkstelligen, sind z.B. daß Musik und Geräusche ineinander übergehen oder aus Geräuschen Musik entsteht;44
44 Schneider 1986, S. 127–128.
sie lösen sich quasi wie ein Dissonanz in Musik auf. Häufig treten Geräusche auf diese Art aus dem Hintergrund der Musik auf und wirken dann bei der Entwicklung der Handlung mit ihr aktiv zusammen. Indem sie sich miteinander verflechten, bilden sie jene bereits bei Lissa erläuterte Mehrschichtigkeit der auditiven Sphäre. Adorno/Eisler sehen in dieser Mischung die einzige Alternative, Geräusche mit der Musik im Film aufzunehmen, da das Geräusch allein »stumpf und leer« wirken würde. Darüber hinaus plädieren sie für reale Geräusche, da eine Geräuschaufnahme die oben beschriebene Tonmalerei gemäß der Programmusik so überflüssig macht, »wie sie eigentlich schon immer war.« Dafür ist es notwendig, die Musik auf das Geräusch abzustimmen. Von der Musik aus gesehen bedeutete dies, daß diese »Luft und Raum« für das Geräusch bieten soll. Das Geräusch spielt dabei eine Doppelrolle: einmal die mehr oder minder naturalistische, dann die eines Moments der Musik selbst, am ehesten vergleichbar mit den Akzenten eines Schlagzeugs. Daraus ergeben sich zwei Folgerungen: einmal, daß Geräuscheinsätze in der Musik rhythmisch vorgesehen sind, zum anderen, daß die Farbe der Musik entweder der des Geräusches ähnlich ist oder deutlich zu ihr kontrastiert.45
45 Adorno/Eisler 1976, S. 98.
So wie Adorno und Eisler den Einsatz von Geräuschen von den Konstruktionsprinzipien der Musik abhängig machen, so sieht Lissa hingegen für den Einsatz von Geräuschen vor allem die Abhängigkeit von der Montage, also von visuellen Konstruktionsprinzipien. Erst die Bewegung in der visuellen Ebene ermöglicht Geräusche. Die Aufeinanderschichtung von Musik und Geräuschen in der akustischen Sphäre ergibt mit dem Bild zusammen eine plastische Ganzheit des Films. Das Ohr des Hörers verhält sich hier jedoch analytisch, es trennt die akustischen Erscheinungen voneinander und verbindet sie mit den Elementen der visuellen Schicht. Der jeweilige Selbständigkeitsgrad ihrer Komponenten hängt jedoch – so Lissa einschränkend – von der Absicht des Regisseurs ab. Bei der Trennung der akustischen Elemente widerspricht Schneiders Auffassung der von Lissa, da er eine wirklich »gute« Filmmusik nur in der unmerklichen Verschmelzung von Musik, Geräuschen und Bildebene sieht.

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