- 6 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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Besondere Aufmerksamkeit sollen jedoch zwei Filme erhalten: Tod in Venedig von Luchino Visconti und Stanley Kubricks Uhrwerk Orange. Beide Filme verfügen über einen ungewöhnlich hohen Musikanteil, wobei in Viscontis Film das Adagietto aus Mahlers Sinfonie Nr. 5, in Kubricks Uhrwerk Orange Beethovens Sinfonie Nr. 9 op. 125 im Vordergrund stehen – einschlägige Werke der Musikgeschichte, die gesondertes Interesse verdienen. Beide Filme zeichnen sich durch eine überaus komplexe Dramaturgie aus, in der die Musik einen ebensolchen Stellenwert einnimmt. Sowohl Visconti als auch Kubrick gelten als begeisterte Protegés autonomer Musik im Film. Aus diesem Grunde erscheint es angemessen, diese beiden Filme intensiver zu behandeln. Sie demonstrieren, wie eng filmische und musikalische Entstehungsgeschichte, literarische Grundlagen, Musikgeschichte und dramaturgische Umsetzung des Zitats im Film miteinander verzahnt sein können – wieviel musikdramaturgisches Potential in autonomer Musik stecken kann. Grundsätzlich werden im praktischen Teil der Arbeit alle zitierten Werke erwähnt und in der Schilderung der Dramaturgie berücksichtigt, die für ein funktionale Analyse von Musik vonnöten ist. Da jedoch im Falle von Tod in Venedig und Uhrwerk Orange eine Analyse jeder Sequenz im Protokoll den berühmten »Rahmen sprengen« würde, beschränkt sich die Analyse bei diesen Filmen auf ausgewählte Werke und Sequenzen.

Zum Thema der Filmmusik gibt es eine Fülle von ausführlichen und gut nachvollziehbaren Monographien, auf die im Laufe dieser Arbeit immer wieder Bezug genommen wird. Dazu gehören besonders die bereits erwähnten von Motte-Haber und Schneider, aber auch die von Adorno und Eisler, wobei der sozialistisch angehauchte Schmäh über die »kapitalistischen Hollywood-Produktionen« hier kritisch zu betrachten ist. Zur Geschichte der Filmmusik finden sich auch im Text mehrere Verweise auf ausführliche Monographien. Obwohl autonome Musik bereits in den Penny Arcades der Stummfilmtage Einzug gehalten hat, ergab die Literaturrecherche zu dieser Arbeit keine einzige Monographie, die sich ausschließlich mit dem Thema autonomer Musik im Film beschäftigt. Pauli ist hier neben Schmidt der einzige Autor, der sich in logischer Konsequenz in seiner Monographie Filmmusik: Stummfilm mit der Thematik ausführlicher auseinandergesetzt hat. Bei Adorno und Eisler erscheint autonome Musik im Film lediglich als ein »rotes Tuch«, das im Film zu vermeiden ist. Andere Autoren nehmen nur unzureichend Bezug auf dieses Thema. So fanden sich die meisten Hinweise demnach in Aufsätzen und Monographien von Hans-Christian Schmidt. Einzelne Aufsätze, meist aus Musik- oder Filmzeitschriften reißen die Thematik lediglich an, ohne sie jedoch in ihrer allumfassenden Tiefe zu erläutern, da ihr Schwerpunkt meist in der allgemeinen Betrachtung oder der Wirkungsanalyse liegt. Aus diesem Grunde wird auf einen Forschungsbericht verzichtet, auf vorhandene Werke wird in den Fußnoten verwiesen.

Autonome Musik im Film ist ein Thema, das in der Literatur somit noch immer sträflich vernachlässigt wird. Es ermangelt dieser Thematik eines übergeordneten Zugriffs, dem es gelingt, die Fülle der einzelnen Filme, in denen autonome Musik eingesetzt wird, einer übergeordneten ästhetischen Fragestellung sowie einer Perspektive zuzuordnen. Dies begründet sich zum einen sicherlich durch das nahezu unüberschaubare Spektrum an Filmen, in denen autonome Musik zitiert wird. Dabei überschreitet die Musik jegliche Filmgenres – sie tritt sowohl im Erzähl-,


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