beitragen sollen.
Kloppenburg sieht das Zitat im Film eher mit einigem Unbehagen, da Werk- und
Wirkungsgeschichte absoluter Musik im Film auf spezifische Handlungsverläufe und die
Montagetechnik prallt. Deshalb ist für ihn sehr schnell die Gefahr der Trivialisierung
gegeben, wenn die Darbietung autonomer Musik nicht dramaturgisch gerechtfertigt
ist.33
33 Vgl. Kap. 5.3, Das Zitat in der Filmmusik. Die Erläuterung des Zitats als einer
filmmusikalischen Technik wird hier zugunsten anderer Techniken nur kurz angedeutet,
da sie im Zusammenhang mit der These dieser Arbeit noch eingehender problematisiert
wird.
|
3.2.3. Musik und Kameraeinstellung
Musikalische Tableaus: De la Motte-Haber bezieht sich besonders auf die
musikalischen Tableaus. Das sind Totale oder panoramierende Kameraschwenks, in
denen der Fortgang der Handlung unterbrochen wird zugunsten eines Schwenks auf die
Naturkulisse als Gegenzug zu menschlicher Aktivität. Daß auch »Stadtlandschaften«
und »Seeschaften« unter diese Kategorie fallen, hängt vor allem damit zusammen, daß
sie filmisch und film-musikalisch analog zur Landschaftsdarstellung behandelt werden.
Gemeinsam ist allen diesen Tableaus das primäre Moment von Statik, auch dort wo
ihnen beispielsweise bei einem Kameraschwenk über einen See noch Bewegung anhaftet.
Helga de la Motte-Haber sieht die Anwesenheit von Musik bei einer solchen
Kameraeinstellung als obligatorisch an. Die Abwesenheit von Aktion oder überhaupt von
»menschlichen Elementen«, auf die die Musik einzugehen hätte – so meint auch Adorno
– gibt der Musik größeren Bewegungsraum. Andererseits verlangt gerade die Lockerheit
der Bildfolgen, die nicht durch einen dramaturgischen Zusammenhang getrieben werden,
Rückhalt an artikulierten musikalischen Formen. Adorno sieht hier vor allem die Gefahr
der Beziehungslosigkeit, daß die Musik – einmal losgelassen – nur auf sich selbst Bedacht
nimmt und überwertig wird. Doch eine solch mögliche Autonomie der Musik
wird dadurch ausgeglichen, daß sie dem Bildverlauf und der Kamerabewegung
folgt.34
34 Adorno/Eisler 1976, S. 113.
|
Daß sich dieser Einsatz dennoch geradezu aufdrängt – und nicht selten als
aufdringlich empfunden wird – hängt für de la Motte-Haber vordergründig damit
zusammen, daß ein Bildton, beispielsweise Geräusche, den Gesamteindruck des
Tableaus in Einzelteile zerlegen würde, das verallgemeinernde Wesen von Musik
aber die stumme und reglose Natur zu beleben scheint und ihr jene »Aura«
zurückgibt, die mit der Reduzierung auf das Foto verlorenging. Hintergründig sieht
Motte-Haber, daß die Idee des Erhabenen, von der Kantschen Ästhetik am Bilde
der Natur entwickelt und vom Film nicht selten zur »Monumentalpostkarte«
reduziert, durch Musik gerettet werden könnte. Die Musik bekommt in einer solchen
Kameraeinstellung eine neue Aufgabe: nicht nur Bewegungen zu imitieren,
sondern darüber hinaus Gefühlsappelle zu formulieren. Diese werden jedoch in der
Regel nicht direkt wahrgenommen, sondern für Widerspiegelungen bestimmter
Eigenschaften der gezeigten Objekte oder Personen gehalten. Dies hängt damit
zusammen, daß gerade Filmmusik diese Metaphern der Widerspiegelung von
Eigenschaften oder Gefühlen ständig produziert, die nicht nur in der Programmusik
etabliert sind. Das Phänomen des »musikalischen Bildes«, das eine Klangfläche
darstellt, die vom Verlauf des Ganzen mehr
|