- 48 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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  • Bildton ==> Fremdton ==> Bildton: Der Eindruck der Musikräume ist eine Abfolge von einer zunächst normalen Raumatmosphäre zu einem großen Klangraum, da die Musik plötzlich »wie aufgeblasen« als Filmmusik aus dem off kommt und sich anschließend wiederum zu einer beengten zugeschnittenen Raumatmosphäre zusammenschrumpft.
  • Bildton <==> Fremdton: Bild- und Fremdton können nicht eindeutig bestimmt werden und vermischen sich. Fiktive Filmmusik und Bildrealität kommen miteinander in Kontakt.10
    10 Schneider 1986, S. 138.

3.2.2.  Formen und Techniken der Filmmusik

Obwohl Kompositionen für den Film keine einheitlichen Kompositionsregeln verlangen, stellten Adorno/Eisler in den vierziger Jahren fest, daß Filmmusik gewisse Techniken der autonomen Musik übernimmt. Da der Film ihrer Meinung nach besonders nach kurzen, skizzenhaften und rhapsodischen Formen verlangt, um eine genaue Zuordnung der Musik zu den kontinuierlich wechselnden Szenen zu sichern, halten sie die geschlossenen Formen der autonomen Musik für ungeeignet. So erscheinen ihnen Formen wie Exposition, die Aufstellung und Verbindung mehrerer Themen sowie deren Durchführung als sehr unfilmisch, da musikalische Komplexe solcher Art größere Aufmerksamkeit verlangen, als daß sie sich mit den visuellen Vorgängen unmittelbar kombinieren ließen. Formen der autonomen Musik im Sinne des 18. und 19. Jahrhunderts hätten nur innerhalb ihrer Autonomie einen Sinn – als Vor- und Rückblick auf das musikalische Geschehen. Somit wären dem Film durch eine Übernahme autonomer Schemata sehr enge Grenzen gesetzt, da eine bloße Übernahme der autonomen Gesamtform unsinnigerweise dazu führen würde, daß man sie auf Biegen und Brechen mit dem Bild zusammenführen würde. Als solche wäre die Form inhaltslos, da sie nicht auf das Bild eingeht. Die Lösung liegt hier im musikalischen Detail. Im Film muß jedes musikalische Motiv für sich selber stehen: »Filmmusik kann nicht warten.« Daher ziehen sie kurze musikalische Formen für den Film vor, da der rasche Wechsel von musikalischen Charakteren, plötzliche Übergänge und Rückungen und alles Improvisatorische vorherrschen soll. Die Wiederholungen und Symmetrieverhältnisse der traditionellen autonomen Musik sind nach Adorno/Eisler ungeeignet für den Film. Gute Filmmusik ist für sie daher antiformalistisch – die Lösung: die bereits erwähnten Prinzipien der Neuen Musik, da diese nicht Teil einer Gesamtform sind, sondern nur für sich stehen. Der Filmkomponist muß Musik vorbereitenden Charakters schreiben, die aber doch zugleich präzise gegenwärtig ist und nicht »mit den schalen Mitteln vorbereitender Stimmung, abscheulichen Tremolo-Crescendi und Ähnlichem operiert.«11

11 Adorno/Eisler 1976, S. 95.
Daher favorisieren Adorno/Eisler eine »freiheitliche Planung« von Filmmusik, die nicht durch autonome Formen eingeengt wird, sondern daß Film und Musik gemeinsam geplant werden, im Idealfall der Film sogar auf die Musik hin konzipiert werden müsse.

Vor allem mit dem Beginn der Tonfilmära entwickelten Hollywoods Filmkomponisten Kompositionstechniken, die bis in die 50er Jahre Eingang in den Film


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