»Endsieg« durch eine
neuartige Waffe aufkeimen ließ. Dementsprechend wird der »Walkürenritt« den Bildern
zugeordnet. Das Stück wird über dem Kommentar langsam eingeblendet. Es erklingt in
rein orchestraler Fassung und ist rhythmisch stark beschleunigt. Bezeichnenderweise
setzt der »Walkürenritt« sofort mit dem rhythmisch markanten Dreiklangmotiv ein. Die
Psychologie dieses Wochenschauausschnitts ist ebenso durchsichtig wie banal. Der
Kommentator spricht von »Gründen der Geheimhaltung« und stellt diesen das
»wirkliche Größenverhältnis der V2« gegenüber. Da die Aufnahmen die Rakete aus mehr
unscheinbarer Entfernung erfassen und lediglich eine unspektakuläre Flugspur am
Himmel präsentieren, bedurfte es also umso mehr einer bombastischen akustischen
Aufmachung, um die im Grunde wenig aussagekräftigen Bilder im Sinne der
Propaganda-Strategie zu kompensieren. Darüber hinaus ist der »Walkürenritt« auf die
Länge der Wochenschau hin umkonzipiert und erfährt mit dem Aufleuchten
des Reichsadlers einen kompromißlosen Abschluß. Angesichts der allgemeinen
Kriegsmüdigkeit der Deutschen dürfte diese Art von nationalsozialistischer
»Überzeugungsarbeit« mehr als fraglich gewesen sein. Dennoch: hält man sich vor
Augen, daß Hitler ein überzeugter Wagner-Anhänger war, so ist die nationalsozialistische
wohl die nachhaltigste und eindeutigste historische Beschriftung Wagnerscher
Kompositionen, die es je gegeben hat. Sie ist zu einem haftenden Detail der
Wagner-Rezeption geworden. An jedem nachfolgenden Einsatz Wagners im fiktionalen
Film oder in Dokumentationen klebt ähnlich wie beim Liszt’schen Heldenmythos
das Etikett einer kriegerischen Nazi-Attitüde, die zum Aushängeschild einer
Menschenleben verachtenden Kriegsmaschinerie wird und letztlich Tod und Verderben
bringt.
Die nationalsozialistische Wochenschau ist freilich nur ein kurzes Beispiel einer präzisen historischen Beschriftung Wagners, jedoch aussagekräftig genug für den machtpolitischen Kontext, der sie umgibt. Aus dieser Perspektive ist es offensichtlich, daß Coppola sich mit dem Einsatz des »Walkürenritts« nicht mehr länger explizit auf den historischen Kontext Wagners bezieht; vielmehr macht er sich dessen nationalsozialistische Beschriftung zu eigen. Auch hier fliegen Kilgore und seine Mannen bis an die Zähne bewaffnet durch die Lüfte, um ein vietnamesisches Dorf »auszuradieren«. Wenn man bedenkt, daß die V2-Rakete im Luftkrieg gegen England eingesetzt wurde, so ist die machtpolitische Motivation bei beiden Einsätzen des »Walkürenritts« offenkundig – nur mit dem Unterschied, daß Coppola sich nicht mehr auf Wotans Töchter am Walkürenfelsen bezieht. Indem er den Hubschrauberangriff mit dem »Walkürenritt« unterlegt, wirft er die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Krieges genauso laut und pompös in den Raum wie die Nationalsozialisten Wagner mehr als vierzig Jahre zuvor zum politischen Programm erhoben haben. Kontinuierlich untergräbt Coppola den Ehren- und Moralkodex amerikanischer Militäreinsätze und spickt ihn mit Attributen einer oberflächlichen und unkritischen Freizeitgesellschaft. So wie die Amerikaner das Dorf wegen seiner hohen Wellengipfel zu Wagners Musik »in die Steinzeit zurückversetzen« (Kilgore), so erscheint auch die Moral angesichts dieses sinnlosen Kriegmordens und des offiziellen politischen Wahnsinns nur noch als groteske Fratze. Auf diese Weise zeichnet Coppola mit Hilfe der Musik das Porträt einer Gesellschaft, die sich in einer tiefen Krise befindet. So erfährt die amerikanische Kultur in den Vietnam-Jahren einen entscheidenden Umbruch. Es ist ein Umbruch, der auch den Offizier Walter E. |