neben Coppolas Apocalypse Now Charlie Chaplins The Great
Dictator/Der große Diktator (USA 1940), in dem Chaplin als Hitler-Karikatur unter
Lohengrin-Klängen ein gleichsam verzücktes wie groteskes Balance-Spiel mit
einem Weltkugel-Ballon treibt, und John Boormans Artus-Film Excalibur (USA
1981).22
Chaplins Film ist ein vielsagendes Beispiel, denn über Wagners kontinuierlicher
Verwendung im Film liegt die dominante historische Beschriftung seiner Person und
seiner Musik durch den Nationalsozialismus. Immer wieder wurde der Komponist in der
Vergangenheit wie auch heute noch als Idiom des Nationalsozialismus im Film
eingesetzt. Müller nennt hier weitere bezeichnende Beispiele wie Das Testament
des Dr. Mabuse von Fritz Lang, immerhin erst aus dem Jahre 1932, Claude
Chabrols Les Cousins/Schrei, wenn du kannst (Frankreich 1958), Viscontis Caduta
degli dei/Die Verdammten (1969) oder Hitler – ein Film aus Deutschland (BR
Deutschland 1977) von Hans Jürgen Syberberg. Daneben finden sich zahlreiche
Filmbeispiele, in denen Wagners Musik im Sinne von Stilzitaten imitiert
wird.23
23 Müller 1986, S. 723–724.
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Die politisch-ideologische Wirkung und »Verwendung« Wagners durch die Nationalsozialisten
respektive Adolf Hitler ist ein viel diskutiertes und zutiefst komplexes Thema, das den
Wagner-Forschern vorbehalten bleiben soll. Insofern wird es hier lediglich angerissen.
Einen klaren Überblick bietet hier der gleichlautende Aufsatz von Ernst Hanisch im
Wagner-Handbuch:24
24 Ernst Hanisch: »Die politisch-ideologische Wirkung und ›Verwendung‹ Wagners.« In:
Müller/ Wapnewski 1986, S. 625–646; vgl. beispielswiese auch Joachim Köhler: Wagners
Hitler. Der Prophet und sein Vollstrecker. München 1999; Annette Hein: »Es ist viel
›Hitler‹ in Wagner«. Rassismus und antisemitische Deutschtumideologie in den
Bayreuther Blättern (1878–1938). Tübingen 1996; Jacob Katz: Richard Wagner. Vorbote
des Antisemitismus. Königstein/Ts. 1985.
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In seinem Bekenntnisbuch Mein Kampf hat Hitler alle Welt wissen lassen, daß Wagner
zu seinen wichtigsten Sozialisationserlebnissen zählte. Um 1900 war dieser bereits
vollkommen in die deutschnationale Ideologie der Provinzbourgeoisie integriert. In
diesem Zusammenhang zieht Hanisch Parallelen zwischen Wagner und Hitler, die
für letzteren bedeutsam waren. Zum einen der Zug zum Dilettantischen, den
bereits Friedrich Nietzsche und Thomas Mann bei Wagner aufspürten und der
bei Hitler überdeutlich war; der Mangel an formaler Ausbildung, der durch
außerordentliche Begabung ersetzt wird. Zuletzt wirkte das Bild vom Genie, das
sich gegen eine Welt von Feinden durchsetzt und sein Ziel erreicht. Für Hitler
war das »heldenhafte Volkstum, das Deutschtum« das Entscheidende seines
Wagnerschen Werkverständnisses. Zudem sah er den nationalsozialistischen
Antisemitismus durch Wagner bestätigt. Es war Winifred Wagner, die Frau von
Richard Wagners Sohn Siegfried, die Bayreuth mit dem Nationalsozialismus
zusammengebracht hatte. Sie gehörte, so Hanisch, zu Hitlers »Paradefrauen«. Bayreuth
machte Hitler bürgerlich respektabel. Damit erfüllte sich der von vielen lang
gehegte Wunsch, daß Macht und Kunst zusammenfinden. Seit den Bayreuther
Festspielen im Jahre 1933 galt, daß Wagner und der Nationalsozialismus untrennbar
zusammengehörten. Wagner wurde vollkommen in die nationalsozialistische politische
Liturgie integriert. An nahezu allen deutschen Bühnen spielte man Lohengrin oder
Meistersinger.
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