Oper inspiriert ist mit
Arien, Duetten (Willard und Kilgore, Willard und Kurtz), Soli (Kurtz), Chor (Soldaten
und Bunnies) und Rezitativen (Szenen auf dem Boot). Die Dialoge, so Viviani, seien
ausgesprochen lyrisch. Je mehr der Film auf das veritable Operndekor der Schlußszenen
zuläuft, desto mehr Personen erscheinen mit Schminkmasken, die ans Theater denken
lassen.19
Auch die Gesamtstruktur des Films ist mit den fünf Akten eines Bühnenstücks
vergleichbar: das Hauptquartier in Nha Trang/Kilgores »Walkürenritt«/die Show von
Hau Phat/der Beschuß der Do Lung-Brücke/Kurtz’ Lager. Dies sind nicht nur
Stationen auf Willards Reise »aus dem Reich der Notwendigkeiten (Politik)
in das der Philosophie (Mythos)« (Jansen), sie bilden auch fünf »filmische
Aufzüge«. So stellt auch der Hubschrauberangriff einen eigenen Akt dar. Er
beginnt wie alle übrigen Szenen mit dem großen Tableau der kompletten, offenen
Bühne. Diese wird immer mehr zum Schau-Platz. Dieses vom Theater inspirierte
Arrangement erreicht mit der unwirklichen Tempelstadt seinen artifiziellen Höhepunkt.
Dabei vermischen sich Bühnenelemente mit denen amerikanischer Freizeit-
und Showkultur. So gleicht die Aufmachung an der Do Lung-Brücke mit ihren
unzähligen Glühlampen einer kitschigen Weihnachtsdekoration wie man sie an den
Kaufhausboulevards westlicher Städte vorfindet. Lance erinnert sie an Disneyland:
»Der Hinweis hat seine strukturelle Funktion als Hinweis auf Struktur: auf die
Exposition (Na Trang) folgt: der wagnerianische Wahn (Kilgore), folgt: die
Musical-Show (Hau Phat), folgt Disneyland (Do Lung-Brücke), folgt die Metropolitan
Opera (Kurtz’ Lager). Es ist das komplette Amalgam amerikanischer Show- und
Bühnenkultur.«20
In dieser Hinsicht fügt sich auch der Wagnersche Kontext des Bühnenfestspiels nahtlos in
die Dramaturgie ein, wobei Kilgores »Walkürenritt« als dem zweiten Aufzug die
Aufgabe des Konfliktaufbaus zwischen Moral und Mission des Militärs zukommt. Aus
dieser dramaturgischen Perspektive weist das Zitat über seinen ursprünglichen Kontext
hinaus auf seine eigene filmische Rezeptionsgeschichte.
Der »Walkürenritt« ist eines der populärsten Orchesterstücke Wagners geworden.
Sowohl im Konzertsaal als auch im Film verfehlt er nie seine Wirkung. Als
Filmmusik ist er neben anderen Zitaten aus Lohengrin, Tristan und dem
Ring der absolute Favorit. Eisenstein war bereits ein großer Bewunderer
Wagners. Wo und wie oft Wagner als Filmmusik verwendet wurde, so
Müller21
21 Ulrich Müller: »Richard Wagner in der Literatur und im Film.« In: Ulrich
Müller/Peter Wapnewski (Hrsg.): Richard-Wagner-Handbuch. Stuttgart 1986, S. 722.
Müller verweist in diesem Zusammenhang auf E. Comuzio/G. Ghigi (Hrsg.):
L’immagine in me nascota. Richard Wagner: Un itinerario cinematografico. Venedig
1983.
|
,
läßt sich nicht genau feststellen. Tatsache ist jedoch, daß Wagners Musik aufgrund der
ihr immanenten Dramatik für ihren Einsatz als Filmmusik prädestiniert ist. So wurden
Wagner-Stücke oft als Ausdruckssignum für Leidenschaft, Geheimnisse, Krieg und
Kampf eingesetzt. Müller nennt hier zahlreiche Filmbeispiele, u.a. Le testament
d’Orphée/Das Testament des Orpheus von Jean Cocteau aus dem Jahre 1960, Federico
Fellinis Otto e mezzo/Achteinhalb (Italien/Frankreich 1962), Black Moon von
Louis Malle (1975) oder Werner Herzogs Nosferatu (BR Deutschland 1978).
Zu den herausragendsten Filmen, in denen Wagner als Filmmusik eingesetzt
wird, zählen
|