lange auf sich
warten und greift diesen dramaturgischen Gedanken auf. Quentin und Bonnet sind
endlich Freunde geworden, ihre anfängliche Rivalität hat sich in Freundschaft gekehrt.
Diese besiegeln sie am Klavier, wo bereits die erste Runde ihrer Rivalität ausgefochten
wurde. Während sie ihre anfängliche Konkurrenz anhand des Schubert-Stückes
demonstrierten, greift Malle nun im Falle ihrer Freundschaft in eine andere
Zitatkiste. In einer der folgenden Szenen läßt er die beiden Jungen vierhändig
einen amerikanischen Boogie-Woogie spielen. Während Quentin dabei für den
»walking bass« sorgt, läßt Bonnet seiner Phantasie in den Oberstimmen freien
Lauf. Indem sie den Boogie-Woogie vierhändig spielen, demonstrieren sie im
Gegensatz zum Anfang nun ein störungsfreies Verhältnis. Doch über dieser – so
scheint es – ausgelassenen Idylle liegt stets die Bedrohung, die sich hier im
Fliegeralarm zeigt. Insofern ist der Boogie-Woogie ein doppeldeutiges Zitat: aus der
Sicht der Nationalsozialisten ist er sogenannte »entartete Negermusik«, für
Bonnet hingegen die musikalische Verkörperung Amerikas, dem Land seiner
Wunschträume. Auf diese Weise bleibt Malle seinem dramaturgische Faden treu, der
Einsatz von Musik ist stets genau kalkuliert. Dramaturgisch gesehen ist dieser
kurze Ausflug in die »freie« Welt des Jazz eine Art retardierendes Moment, die
Hoffnung, daß sich für Bonnet letztlich doch noch alles zum Guten wenden
würde.
Diese Hoffnung wird jedoch am Ende zerstört. In der letzten Szene werden Pater Jean und die drei enttarnten jüdischen Jungen von den Nationalsozialisten abtransportiert. Sie gehen in den Tod, wie Malle uns aus dem off berichtet. So schließt sich denn auch der Kreis sowohl dramaturgisch als auch musikalisch. Konsequent logisch erklingt hier wieder – wie am Anfang – ein Fragment aus Schuberts Moment Musical, dieses Mal aus dem wiederkehrenden variierten A’-Teil (vgl. Abbildung 14.8).22 |