14. Exkurs: Das Zitat als dramaturgischer Spannungsbogen: Louis Malle: Auf
Wiedersehen, Kinder
Nach Lacombe, Lucien ist Auf Wiedersehen, Kinder ein weiterer Film Louis Malles, in
dem er sich mit dem Thema der französischen Kollaboration während des Zweiten
Weltkrieges auseinandersetzt – dieses Mal jedoch aus einem sehr persönlichen
Blickwinkel. Genauer gesagt beruht der Film auf seinen Kindheitserinnerungen.
Es ist eine Internatsgeschichte vor dem Hintergrund der Besatzung, ebenso
die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Jungen. Schuberts Moment
Musical Nr. 2 As-Dur op. 94 umrahmt die gesamte Dramaturgie. Darüber hinaus
zitiert Malle in diesem Film Saint-Saëns’ Introduction et Rondo Capriccioso op.
28.
Frankreich, Januar 1944: Widerwillig kehrt der zwölfjährige Julien Quentin (Gaspard
Manesse) mit seinem Bruder François nach den Weihnachtsferien in das katholische Internat in
Avon zurück, das von Karmelitern geleitet wird. Drei neue Jungen kommen an die Schule, von
denen besonders einer, Jean Bonnet (Raphael Fejtö), Quentins Aufmerksamkeit erregt. Im
Schlafsaal teilt der Internatsleiter Pater Jean (Philippe Morier-Genoud) dem »Neuen« (Malles
ursprünglicher Filmtitel) das Bett neben Quentin zu. Julien ist ein intelligenter, zuweilen etwas
aufsässiger Junge. Anfangs macht er mit, als Bonnet von den anderen verspottet wird. Dieser
wirkt auf ihn arrogant und verschlossenen. Zudem weiß er alles besser; im Unterricht löst
Bonnet ihn als Klassenprimus ab. Julien fühlt, daß den Jungen irgendein Geheimnis umgibt,
und er gibt nicht eher Ruhe, bis er es herausgefunden hat. An einem Nachmittag
wühlt er in Bonnets persönlichen Sachen herum. Anhand einer Buchinschrift findet er
heraus, daß Bonnet in Wirklichkeit Jean Kippelstein heißt. Er ist Jude und wird mit
zwei Schicksalsgefährten von Pater Jean unter falschem Namen vor den Deutschen
versteckt. Dennoch bringt ihr gemeinsames Interesse für Literatur und Musik die beiden
Jungen allmählich zusammen. Als sie sich bei einer »Schatzsuche« im Wald in der
Dunkelheit verirren, besiegeln sie ihre Freundschaft. Am nächsten Tag konfrontiert Quentin
Bonnet mit der Wahrheit über ihn, als sie nach ihrem gemeinsamen Abenteuer auf der
Krankenstation liegen. In gewisser Weise verbindet dieses Wissen die beiden. Als
Juliens Mutter an einem Sonntag zu Besuch kommt, nimmt sie Jean zusammen mit
ihren Söhnen mit in ein vornehmes Restaurant. François und einige andere Jungen
im Internat sind im Schwarzmarktgeschäft mit Joseph verwickelt, dem mürrischen
hinkenden Küchenjungen. Sie tauschen Eßwaren von zu Hause gegen Zigaretten und
Briefmarken. Als diese kleinen Schiebereien auffliegen, wird Joseph fristlos entlassen,
die beteiligten Schüler erhalten lediglich eine Strafpredigt. Aus Rache wird Joseph
zum Denunzianten. Eines Tages taucht der Gestapo-Beamte Müller (Peter Fitz) in
der Schule auf und sucht gezielt nach
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