- 423 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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14.  Exkurs: Das Zitat als dramaturgischer Spannungsbogen: Louis Malle: Auf Wiedersehen, Kinder

Nach Lacombe, Lucien ist Auf Wiedersehen, Kinder ein weiterer Film Louis Malles, in dem er sich mit dem Thema der französischen Kollaboration während des Zweiten Weltkrieges auseinandersetzt – dieses Mal jedoch aus einem sehr persönlichen Blickwinkel. Genauer gesagt beruht der Film auf seinen Kindheitserinnerungen. Es ist eine Internatsgeschichte vor dem Hintergrund der Besatzung, ebenso die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Jungen. Schuberts Moment Musical Nr. 2 As-Dur op. 94 umrahmt die gesamte Dramaturgie. Darüber hinaus zitiert Malle in diesem Film Saint-Saëns’ Introduction et Rondo Capriccioso op. 28.

Frankreich, Januar 1944: Widerwillig kehrt der zwölfjährige Julien Quentin (Gaspard Manesse) mit seinem Bruder François nach den Weihnachtsferien in das katholische Internat in Avon zurück, das von Karmelitern geleitet wird. Drei neue Jungen kommen an die Schule, von denen besonders einer, Jean Bonnet (Raphael Fejtö), Quentins Aufmerksamkeit erregt. Im Schlafsaal teilt der Internatsleiter Pater Jean (Philippe Morier-Genoud) dem »Neuen« (Malles ursprünglicher Filmtitel) das Bett neben Quentin zu. Julien ist ein intelligenter, zuweilen etwas aufsässiger Junge. Anfangs macht er mit, als Bonnet von den anderen verspottet wird. Dieser wirkt auf ihn arrogant und verschlossenen. Zudem weiß er alles besser; im Unterricht löst Bonnet ihn als Klassenprimus ab. Julien fühlt, daß den Jungen irgendein Geheimnis umgibt, und er gibt nicht eher Ruhe, bis er es herausgefunden hat. An einem Nachmittag wühlt er in Bonnets persönlichen Sachen herum. Anhand einer Buchinschrift findet er heraus, daß Bonnet in Wirklichkeit Jean Kippelstein heißt. Er ist Jude und wird mit zwei Schicksalsgefährten von Pater Jean unter falschem Namen vor den Deutschen versteckt. Dennoch bringt ihr gemeinsames Interesse für Literatur und Musik die beiden Jungen allmählich zusammen. Als sie sich bei einer »Schatzsuche« im Wald in der Dunkelheit verirren, besiegeln sie ihre Freundschaft. Am nächsten Tag konfrontiert Quentin Bonnet mit der Wahrheit über ihn, als sie nach ihrem gemeinsamen Abenteuer auf der Krankenstation liegen. In gewisser Weise verbindet dieses Wissen die beiden. Als Juliens Mutter an einem Sonntag zu Besuch kommt, nimmt sie Jean zusammen mit ihren Söhnen mit in ein vornehmes Restaurant. François und einige andere Jungen im Internat sind im Schwarzmarktgeschäft mit Joseph verwickelt, dem mürrischen hinkenden Küchenjungen. Sie tauschen Eßwaren von zu Hause gegen Zigaretten und Briefmarken. Als diese kleinen Schiebereien auffliegen, wird Joseph fristlos entlassen, die beteiligten Schüler erhalten lediglich eine Strafpredigt. Aus Rache wird Joseph zum Denunzianten. Eines Tages taucht der Gestapo-Beamte Müller (Peter Fitz) in der Schule auf und sucht gezielt nach


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