der
Leinwandfiguren, die am Ende nur noch von ihrer Gewaltbereitschaft dominiert
werden. Als solche steht sie im absoluten Kontrast zu der klaustrophobischen
Atmosphäre, in der die Charaktere zusammengezwungen werden. Ihre gegenseitige
Konfrontation ist so unausweichlich wie die mit Schuberts Streichquartett. Zum
anderen enthält der langsame Satz auch melodisch die deutlichste Analogie zum
gleichnamigen Claudius-Lied, in dem der Tod durchweg positiv, sanft und gutmütig
dargestellt wird. Polanskis dramaturgisches Ziel ist jedoch die emotional aufreibende
Perversion dieser Vorstellung. Auf diese Weise wird die so konstant durchgehaltene
Relativität der Wahrheit letztlich mit Hilfe der Musik in eine quälende Gewißheit
aufgelöst. So wie Paulina von Miranda gefoltert wurde, so wurde auch Schubert von
ihm mißbraucht. Die»Verhandlung« bietet Paulina die Möglichkeit, Schuberts
»Unschuld« zurückzufordern, d.h. Rache zu nehmen. Auf diese Weise liefert Polanski
durch die Musik zugleich den Schlüssel zur Dramaturgie, die jene eingangs
erwähnten Fragen aufwirft: was passiert, wenn die Rollen zwischen Folterer und
Opfer vertauscht werden, wie gebraucht die Frau ihre auch sexuelle Macht über
den Mann? Sollte man Gewalt mit Gegengewalt vergelten? Die Antworten
bleiben aus, der Zuschauer ist gefragt. Damit folgt Polanski der Definition
des Dramas, das auf ein tragisches Ende hinausläuft, in dem der Zuschauer
»Verantwortung« übernimmt. Zwar hat Paulina am Ende »ihren Schubert« im Sinne der
Katharsis zurückgewonnen. Über dem ersten Satz des Quartetts liegt jedoch
der Schatten unmenschlicher Brutalität, der in Gestalt Mirandas nicht nur
Paulina verfolgt, sondern auch den Zuschauer, der das Kino mit einem Schauder
verläßt.
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