- 414 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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Charakterisierung im Gegensatz zum späten 19. Jahrhundert ästhetisch gesehen nicht konkret auf ein narratives außermusikalisches Phänomen gerichtet, sondern eher auf dessen unmittelbaren Auswirkungen auf das menschliche Gefühl. In diesem Zusammenhang folgert Hinrichsen45
45 Dittrich 1997, S. 493.
, daß die »womöglich dem d-Moll-Quartett zugrundeliegende ›poetische Idee‹ eine überaus düstere und kompromißlos pessimistische ist«, in der die versöhnliche Botschaft des Liedthemas als zwar tröstliche, aber letztlich wirkungslose Episode dementiert wird. An seine Stelle tritt – besonders im ersten Satz – der Schrecken des Todes und die Angst des Menschen, die nicht zu unterdrücken ist: »Kaum gibt es Unheimlicheres als das immer wiederkehrende Unisono in diesem [ersten] Satz«, so schreibt Feil.46
46 Walther Dürr/Arnold Feil: Franz Schubert. Stuttgart 1991, S. 252.
Die Tatsache, daß sich das gleichnamige Lied nicht nur im Variationensatz, sondern in allen Sätzen des Quartetts widerspiegelt, demonstriert, daß es nicht nur die Basis für eine zyklische Substanzgemeinschaft bildet, sondern ebenso einen thematisch-expressiven Zusammenhalt garantiert. Insofern bleibt festzuhalten, daß Schuberts musikalische Topoi und imaginäre Anspielungen sich durch zyklische Geschlossenheit im gesamten Quartett auszeichnen und daher eine wichtige Rolle spielen. Es handelt sich hier um eine Kompositionsweise, in der sich Handwerk und Konstruktion einerseits, Expressivität und inhaltliche Bedeutung andererseits – der im Brief dargestellte »Schmerz« – in kontrollierter Balance befinden. So gesehen könnte das d-Moll-Quartett als abenteuerliches Experiment für Form und Ausdruck einer Sinfonie gelten.

13.3.2.  Die dramaturgische Umsetzung

Insgesamt viermal zitiert Roman Polanski den ersten Satz aus Schuberts Streichquartett Der Tod und das Mädchen, und dies jedes Mal von Beginn an. Immer wieder holt das »Schicksalsmotiv« die Charaktere wie auch den Zuschauer bedrückend ein. Insofern erfüllt es zunächst eine klar definierte syntaktische Funktion (Motte-Haber), die sich aus der Montage ableitet, indem es im Prolog der Exposition, zweimal während der Spannungssteigerung und im abschließenden Epilog erklingt.


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