- 406 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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dem »Spätwerk« des Komponisten zuzuordnen, obwohl es im Grunde vermessen wirkt, eine Zeitspanne von gerade einmal drei Jahrzehnten in Schaffensperioden einteilen zu wollen. Dennoch ist dieser letzte Lebensabschnitt des Komponisten durch die Vorrangstellung der Instrumental- und Kammermusik gekennzeichnet, was eine solche Periodisierung rechtfertigen würde.10
10 Ernst Hilmar: Franz Schubert. Reinbek 1997, S. 78.

Vor allem die gegenseitige Beleuchtung des gleichnamigen Liedes von Schubert (D 531) und des Quartetts dürfte zur Hochschätzung beider Werke in der Rezeption beigetragen haben, so vermutet Raab. Schubert verwendet das Lied für das Thema des Variationensatzes seines Streichquartetts. In diesem Zusammenhang sei auf den grundlegenden ausführlichen Aufsatz von Christoph Wolff11

11 Christoph Wolff: »Schubert’s Der Tod und das Mädchen: analytical and explanatory notes on the song D 531 and the quartet D 810.« In: Eva Badura-Skoda/Peter Branscombe (Hrsg.): Schubert Studies. Problems of style and chronology. Cambridge 1982, S. 143–171.
verwiesen, der einen Zusammenhang herstellt zwischen dem Lied und dem gleichnamigen Quartett. Dessen Ausführungen werden auch hier mehrfach einfließen. Raab betont besonders die Vermischung des Sujets des Liedes mit der semantischen Konnotationen der Tonart d-Moll des Quartetts sowie der Biographie Schuberts. Zwar ist der Ansatz, neben der rein musikalischen Analyse von der Musik auf Befindlichkeiten Schuberts bei der Komposition zu schließen, umstritten und wird oft als »zu subjektiv« abgelehnt, doch darf gerade die Entstehung des Werkes bei unserer Frage nicht außen vor gelassen werden. Insofern seien an dieser Stelle kurz das Lied Der Tod und das Mädchen sowie der Text von Matthias Claudius skizziert.

Neben Goethe, Hölty, Matthisson, Schiller und anderen gehört Matthias Claudius (1740–1815) zu den wichtigsten Dichtern, deren Werke Schubert in seinen Liedern in den Jahren 1815 bis 1817 vertont hat. In vierzehn Liedern hat er Claudius’ Werke bearbeitet. Das Gedicht Der Tod und das Mädchen publizierte Claudius zusammen mit anderen Werken in einer Sammlung unter dem lateinisch-deutschen Titel Asmus omnia sua secum portans, oder Sämmtliche Werke des Wandsbecker Bothen, die in acht Bänden in der Zeit von 1775 bis 1812 erschien.12

12 Wolff 1982, S. 143–144.

Schuberts Lied Der Tod und das Mädchen entstand im Februar 1817 (op. 7/3). Das Gedicht stellt einen imaginären Dialog zwischen einem jungen Mädchen und dem herannahenden Tod dar:

Das Mädchen

Der Tod

Vorüber! Ach, vorüber!

Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!

Geh, wilder Knochenmann!

Bin Freund, und komme nicht, zu strafen.

Ich bin noch jung, geh, Lieber!

Sei gutes Muts! Ich bin nicht wild,

Und rühre mich nicht an.

Sollst sanft in meinen Armen schlafen!13

13Matthias Claudius, zit. n. Eduard Gronau: Franz Schubert. Musik zwischen Himmel und Abgrund. Eine Werkbiographie. Allensbach 1993, S. 97.

Claudius stellt hier zwei kontrastierende Todesauffassungen gegenüber. Das Mädchen sieht den Tod als schrecklichen Sensenmann, als Gerippe gemäß der christlich-mittelalterlichen Vorstellung. Sie gerät in Panik und bittet ihn resignierend, ihr noch Lebenszeit zu lassen. Der Tod hingegen wird durchweg positiv dargestellt. Er tritt ihr besänftigend und beruhigend gegenüber, indem er von ihrer

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