bringt er seine Ursprünge, die amerikanische Begeisterungsfähigkeit, den
Optimismus für Zukunftsträume zum Leuchten, mit dem Unterschied, daß Europa nun
zum »promised land« wird. Inmitten dieser kulturellen Antagonismen übernimmt die
Arie des Italieners Bellini die Rolle der europäischen Identität, die Sally gerne
annehmen möchte. Insofern stellt Malle ein letztes Mal beide Kulturen in der
abschließenden Klangcollage gleichberechtigt gegenüber. Daran zeigt sich, daß er
Amerika trotz allem »mit einer Mischung aus europäischer Distanz und neidvoller
Bewunderung«16
betrachtet. Dennoch: die Deplazierung der affektreichen Arie »Casta Diva« ist
offensichtlich. Die Regeln rigoroser Geschäftemacherei beherrschen das Leben in Atlantic
City, so daß Sallys Wunsch nach Erfüllung des »europäischen Traumes« mehr als fraglich
erscheint; das »selbstregulierte Leben«, das sich in den »Sehnsuchtsszenen«
zeigt, widerspricht allzu sehr dem schnellen fremdbestimmten Geschäft des
Alltags. Indem einer der Mafia-Killer am Ende Sallys Recorder in Stücke schlägt,
vollzieht Malle die totale Vernichtung von Sallys Träumen. Insofern läßt der
elegische Gestus der Arie nicht zuletzt auch die Trauer um etwas Verlorenes
erkennen.17
Die musikalische Schlüsselbotschaft durch Bellini wird jedoch im ganzen ein weiteres Mal
zu subtil formuliert als daß der Film die Musik semantisch neu aufladen könnte. Zwar
wird sie zu so etwas wie »Sallys Thema«, doch bleibt ihre Deplazierung in Malles
filmischer Milieustudie während der gesamten Dramaturgie erhalten. Selbst am Ende des
Films kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Arie in der musikalischen
Landschaft ein »Gast« bleibt; gemessen an den übrigen Musiktiteln der abschließenden
Klangcollage wirkt sie in höchstem Maße abstrakt. Dennoch läßt Malle den Schluß offen:
musikalisch wie dramaturgisch endet der Film, wo er angefangen hat: bei den
Wünschen.
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