- 349 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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Auseinandersetzung mit dem Material spart Rossini gänzlich auf. So beginnt die Reprise in Takt 299 mit dem ersten Thema in e-Moll. Rossini verdichtet sein thematisches Material, indem er nach der Überleitung (Takt 318 bis 327) direkt das zweite Thema, dieses Mal in E-Dur, folgen läßt. Die Schlußgruppe steigert das ganze durch symmetrische Wiederholung (Takt 376), wobei zunächst nur Horn und Klarinette das Dreiklangmotiv mit der signalartigen Triolenankündigung ertönen lassen bis nach und nach das gesamte Orchester in die monotone Bewegung einfällt (vgl. Abbildung 11.16).75
75 Rossini 1983, S. 51.



Abbildung 11.16: G. Rossini: Die Diebische Elster, Ouvertüre, Schlußgruppe


In Takt 446 bricht eine Coda die bis dahin monotone Rhythmik auf. Sie ist als Stretta angelegt und führt die Ouvertüre in nochmals beschleunigtem Tempo mit pompösen Crescendo-Spiralen der Streicher ihrem »brachialen« Ende zu.

11.2.3.2 Die dramaturgische Umsetzung

1. Sequenz: Schlägerei am Spielkasino/Autofahrt

Die Musik setzt bereits in der Szene ein, in der die Droogs den alten Clochard zusammenschlagen (vgl. Sequenzprotokoll Anhang B.3.1). Doch wie die letzten zwei zitierten Takte der Überleitung als Vorbereitung auf das zweite Thema zu verstehen sind, so bereiten sie auch in diesem Fall den Beginn des Bühnenspektakels vor, das mit einer ersten Kameraeinstellung auf die Freskenbemalung über der Bühne seinen Lauf nimmt. Die Schreie der Droogs, mit denen sie sich selbst zu ihren Prügeltaten anfeuern, geht in der ersten Einstellung über in das hysterische Geschrei einer Frau, die jedoch zunächst noch nicht sichtbar ist. Damit setzt Kubrick zumindest wirkungsanalytisch bereits einen klaren Kontrapunkt, denn der Beginn des tänzelnden zweiten Themas assoziiert etwas wie einen musikalischen Scherz. Umso befremdlicher wirkt in diesem Moment das hysterische Geschrei, das der Zuschauer zunächst nicht zuordnen kann. Doch Kubrick wartet nicht lange mit der Auflösung. Die Kamera fährt nach unten, sie erfaßt die neubarocke Frontispiz des Theatervorhangs. Von da aus zoomt sie langsam auf. Aber anstatt eine Oper oder Operette freizugeben, zeigt die sich vergrößernde Totale (Takt 186) ein sich windendes Mädchen, das in verzweifelter Gegenwehr Billyboy und seinen Kumpanen zu entrinnen versucht. Die Kamera erfaßt die Szene aus einer Weite, die den gesamten


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