Die Triole – der Grundrhythmus des ersten Themas – wird in einer motorischen
Bewegung gesteigert, die in Takt 115 ihren Höhepunkt erreicht, auf dem sich unter dem
Tremoli der Streicher im Fagott und der Posaune ein E-Dur-Dreiklang erhebt, der sich
nach h-Moll wandelt. Bei dem gebrochenen Dreiklang handelt es sich im Grunde um eine
primitive Form der Fortspinnung, doch durch Dynamik und Rhythmus stilisiert Rossini
diese Figur zu einem melodischen Höhepunkt. Nach einer Generalpause erfolgt in Takt
161 die Überleitung, in der sich die Melodie nach der ersten rhythmischen Turbulenz auf
ihre Harmonie besinnt. So setzt das zweite Thema in Takt 171 ein, ganz der klassischen
Norm folgend in der parallelen Dur-Tonart des ersten Themas, G-Dur (vgl. Abbildung
11.14).72
Während das erste Thema noch durch die Violinen vorgetragen wurde, wird das zweite Thema nun von der Oboe vorgestellt und von der Flöte (Takt 175), im weiteren Verlauf von Klarinette und Fagott beantwortet (Takt 179). Osborne schreibt zu der Kombination von Oboe und Flöte bei Rossini: »[Das zweite Thema] präsentiert sich damit der Welt – wie Paganini und Rossini im römischen Karneval 1821 – mit dem ganzen Witz und der körperlichen Gegensätzlichkeit von zwei Komikern.«73 In Takt 219 beginnt die Schlußgruppe der Exposition, in der Rossini mit der Anfangstriole und dem getupft gebrochenen Dreiklang noch einmal den Höhepunkt des ersten Themas anklingen läßt, worauf das Kopfmotiv des zweiten Themas antwortet. In dieser Konstellation wiederholt Rossini das Thema unter ständiger Steigerung des Ausdrucks und der Dynamik (Takt 228 bis 266), bis die Schlußgruppe in Takt 267 in einen Triolenwirbel ausbricht. In Takt 275 beginnt bereits die Überleitung (275 bis 298) zur Reprise. (vgl. Abbildung 11.15).74
Eine Durchführung fehlt, was auch auf die ausbleibende »Tiefe« in Rossinis Ouvertüren verweisen mag. Werden die Themen in der Durchführung normalerweise gegenübergestellt und schließlich nach einem melodischen und harmonischen Konflikt in der Reprise letztlich aufgelöst, so beläßt es Rossini bei der potpourrimäßigen Vorstellung seiner Themen, die auf der glatten Oberfläche der motorischen Rhythmik lediglich in verschiedenen Tonarten erscheinen, eine thematisch-motivische |