Killer’s Kiss (Der Tiger
von New York) (1955) bis hin zu The Shining (Shining) aus dem Jahre 1979/80, hat er
sich fast aller Genres auf seine Art bedient. Jeder seiner großen Filme stellt für
ihn persönlich eine Art »Schlußstein« dar. Jeder weitere Film brauchte immer
mehr und intensivere Vorbereitung, um den vorhergehenden zu übertreffen.
Jansen bezeichnet Kubricks Art der Regie daher auch als den »Barock des
Kinos«3
3 Peter W. Jansen: »Kommentierte Filmographie.« In: Peter. W. Jansen/Wolfram
Schütte (Hrsg.): Stanley Kubrick. Reihe Film 18. München 1984, S. 8.
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eine Endphase mit rhetorischem Pathos, Dominanz der Formkunst und Amalgamieren
all dessen, was schon vorhanden ist. Er gehört zu der Riege der Autorenfilmer, die ihre
Filme vollständig kontrollieren. So beherrscht Kubrick all das, dessen es im Kino bedarf:
Drehbuch und Produktion, Kamera und Schnitt, Setdesign und Schauspielerführung,
Licht- und Farbdramaturgie sowie Trick und Musik. Da er außer Spartacus
(1960) alle seine Filme bis ins kleinste Detail kontrollierte, funktionieren sie wie
Präzisionsinstrumente. Spätestens seit Lolita (1962) beherrschen Kontrolle, Disziplin und
Perfektionismus sein Filmwerk. Diese stringente Perfektion macht seine Filme jedoch
auch zu Filmen ohne jedes Geheimnis. Jansen bezeichnet ihn daher als »abgrundlosen
Technokraten«4,
denn seine Filme stellen ein hermetisches System von Bedeutungseinheiten dar, in dem
alles mit allem in Beziehung steht. Jedes Detail hat einen genau kalkulierten Stellenwert
für den gesamten Film. Nichts ist unbeabsichtigt. Kubrick liebt das Spiel mit versteckten
Hinweisen philosophischer, film-, kunst- und kulturgeschichtlicher Natur, die – sofern
man sie enträtselt – schlüssige Hinweise zum Verständnis des gesamten Films liefern.
Seine »Allmacht« ist deutlich im Produktionsprozeß erkennbar. Aus diesem Grunde ist
Kubrick oft der Vorwurf gemacht worden, sich hinter einem nichtssagenden
Technizismus und einer glatten Oberfläche gefälliger Ästhetik zu verstecken.
Kirchmann5
5 Kay Kirchmann: Stanley Kubrick. Das Schweigen der Bilder. Marburg 1995,
S. 13.
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zufolge sei dieser Vorwurf bei näherer Betrachtung ebensowenig haltbar wie die gern
geübte Kritik, Kubrick habe lediglich die ästhetische Sterilität amerikanischer
Hollywood-Massenproduktionen übernommen und in den europäischen Film eingebracht.
Kubricks Filmsprache ist eindeutig am europäischen Kino orientiert. Sein künstlerisches
Selbstverständnis, so Kirchmann, stehe zweifelsohne in der Tradition der europäischen
Kulturgeschichte. Der Einfluß der europäischen Literatur und Philosophie auf
seine ästhetischen wie weltanschaulichen Positionen ist unverkennbar. Filme
wie beispielsweise Paths of Glory (Wege zum Ruhm, 1957), Spartacus oder
Barry Lyndon (1975) belegen Kubricks Interesse an europäischer Geschichte.
Seine Auffassung der Autonomie des Filmautors entspricht der Tradition des
europäischen Autorenfilms und unterscheidet sich deutlich von dem amerikanischen
Studiosystem.
Obwohl Kubrick versucht, sich nicht zu wiederholen, weisen seine Filme einen gewissen
zyklischen Charakter auf. In der Eingangssequenz von Lolita begrüßt Quilty Humbert mit
den Worten: »Hi, ich bin Spartacus« – ein Verweis auf Kubricks vorangegangenen
gleichnamigen Film. Die letzte Einstellung in 2001 – A Space Odyssey (2001 – Odyssee im
Weltraum, 1968) – das große Auge des Embryos – findet ihre Fortsetzung in der ersten
Einstellung des nächsten Films – Uhrwerk Orange – dem geschminkten Auge von
Alex.6
Zwar mag es verwundern, daß ein Regisseur in einem Film, den er gerade dreht,
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