und Christus zugleich und glaubte an das
Endgericht, das durch ihn und seine Anhänger herbeigeführt werden solle und das
sich zugleich gegen das gesamte System der menschlichen Gesellschaft richten
würde. Bei den sexuellen Kultorgien der »Final Church« wurden nicht nur
Tiere, sondern auch Menschen geopfert, letztere auf bestialische Weise. Die
Manson-Jünger schwärmten sogar aus, um außerhalb ihrer Gruppe »Opfer für den
Satan« zu suchen und zu töten. Auf diese Weise geschah – genau acht Wochen nach
der Premiere von Rosemaries Baby – in Hollywoods Nobelviertel Bel Air der
tragische Ritualmord an Polanskis hochschwangerer Ehefrau Sharon Tate und ihren
Gästen.7
Die Thematik des Bösen in Polanskis Filmen, so stellt Eagle fest, beziehen sich sowohl
unmittelbar auf die politischen, sozialen und kulturellen Strukturen, die das
Leben in der zivilisierten Welt bestimmen, als auch auf die Geschichte unseres
Jahrhunderts, ohne daß der Regisseur jedoch eindeutig Stellung bezieht. Die Tragödien,
die seine Filme untermauern, sind dennoch als solche real und widerstehen in
mancher Hinsicht jeder Vernunft. Wie man aus zahlreichen Interviews ersehen
kann, steht es außer Frage, daß die obengenannte Thematik in Polanskis Filmen
unmittelbar auf die persönliche Biographie des Regisseurs hindeutet. Es wäre
jedoch an dieser Stelle müßig, sich mit der ganz offensichtlich komplizierten
und problematischen Persönlichkeit des Regisseurs und Schauspielers Polanski
auseinanderzusetzen.8
8 Vgl. hierzu Roman Polanski: Roman Polanski. Autobiographie. Bern/München/Wien
1984. Bereits der zweideutige Originaltitel Roman spielt mit der Fiktion der eigenen
Identität.
|
Interessanter erscheint hier vielmehr die Tatsache, daß seine Erlebnisse sich mit
denen anderer Menschen, besonders in Osteuropa, decken. Und dies erklärt ihre
Allgemeingültigkeit: gemeint sind hier der Holocaust und die anschließende
Periode autoritärer sowjetischer Fremdherrschaft. Insofern wurde die Basis für
die Tendenzen seiner Arbeit – sowohl in struktureller, stilistischer wie auch
thematischer Hinsicht – bereits vor den tragischen Ereignissen des Jahres 1969
gelegt.
Im Krakauer Ghetto erlebte der siebenjährige Polanski erstmals, wie Menschen ums
Überleben kämpften, selbst wenn dies auf Kosten anderer geschah. Er wurde Zeuge blutiger
Schlägereien und Exekutionen durch die Nationalsozialisten. Zwar setzte sich der Alltag
fort, doch ursprünglich Banales mutierte nun plötzlich zu Grauenerregendem – eine
Werteverschiebung, die zu einer normalen Tageserscheinung wurde. Diese Eindrücke brannten
sich dem jungen Polanski geradezu fotografisch ins Gedächtnis ein. Die Folge: Blut und Gewalt,
Terror und Einschüchterung erscheinen regelmäßig und meist vollkommen unerwartet in seinen
Filmen.9
9 Ulrich Gregor: Geschichte des Films ab 1960. München 1978, S. 293.
|
Insofern sind seine Filme auch durchaus Beiträge zu einem Autopsychogramm. Zum Ende des
Zweiten Weltkrieges wurde Polanski Katholik, wenn auch kein bekennender. Zudem
reagierte er mit äußerster Ablehnung auf autoritäre Nonnen und Priester, die ihn zu
bekehren versuchten. Gott, so hebt Eagle hervor, spielte somit keine große Rolle in
Polanskis Kindheit, dessen Präsenz sei demzufolge auch nicht in seinen Filmen zu
spüren.10
10 Eagle 1994, S. 95; vgl. auch J. P. Telotte: »Polanski, Roman.« In: Lyon, Christopher (Hrsg.):
The Macmillan Dictionary: Films and Filmmakers, Vol. II: Directors/Filmmakers. London
1984, S. 420.
|
Der Teufel als das personifizierte Böse hingegen ist stets zugegen – und dies nicht, weil Polanski
an eine solche übernatürliche Erscheinung glaubt. In seiner Autobiographie äußert sich
Polanski entsprechend zur Romanvorlage von
|