der ersten polnischen Komponisten, die Aufstandslieder- und märsche
schrieben. Seine einzige Oper entstand als Geschenk für Bonaparte, in dem er eine
gewisse Zeit lang den Befreier Polens sah. Wie Lissa schreibt, wurde Oginskis Werk
lange unterschätzt. Erst im 20. Jahrhundert weckte er das Interesse von Historikern
der polnischen Musik auch für seine Rolle innerhalb des polnischen empfindsamen
Stils.39
39 Alina Nowak-Romanowicz: »Michal Kleofas Oginski.« In: Stanley Sadie (Hrsg.): The New
Grove Dictionary of Music and Musicians, Vol. 13. London 1980, S. 518; vgl. auch Zofia
Lissa: »Oginski, Fürst Michal Kazimierz und Michal Kleofas.« In: Friedrich Blume
(Hrsg.): Die Musik in Geschiche und Gegenwart, Bd. 9. Kassel/Basel/London u.a. 1961,
S. 1910–1912.
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Krystyna ist in dieser Szene Teil eines magischen Kreises aller Charaktere geworden,
die in trancegleicher Eintracht zu Oginskis Polonaise unter den Spinnweben des
verkommenen Hotels Monopol im wahrsten Sinne des Titels ihren Abschied von Polen
feiern. Wajda nutzt wiederum die Kraft der Bilder, denn die schreitenden Damen und
Herren scheinen sich im Hintergrund des Bildes im Nichts aufzulösen – wie die
Gesellschaftsschicht, der sie angehören. Der Erinnerung des Betrachters prägt sich diese
Szene wie ein surrealistisches Traum- oder Rätselbild ein. Wajda schafft durch derartige
Bezüge zur Musik und Literatur des 19. Jahrhunderts eine Art Mosaik, in das sich Asche
und Diamant quasi als Konsequenz historischer Fakten einfügt. Untermauerte er seine
Dramaturgie bereits durch den Dichter Norwid, so wird die Anspielung auf das Thema
Polen hier noch deutlicher. So wie Oginski als Vertreter einer national eingestellten
Aristokratie die Teilung Polens in seinem Werk thematisierte und 1815 das
Land verließ, so sucht auch Wajdas Aristokratie ihren Weg ins Ausland. Sie
feiert hier ihren Abschied von der Republik Polen, die zu Beginn des Zweiten
Weltkrieges aufgelöst wurde und nun letztlich im Banner Moskaus steht. Oginskis
Polonaise dient hier als nationales Symbol, denn der Komponist ist Ausdruck der
nationalen Gesinnung in einem Land, das Ende des 18. Jahrhunderts durch
Fremdmächte erstmals aufgeteilt wird. Doch als Regisseur der Polnischen Schule
beläßt Wajda es nicht beim reinen Vergleich. Die Geschichte ist ein dynamischer
Prozeß, aus dem er schöpft, um seine eigentliche Aussage zu formulieren. Der
kritische Kommentar aus Sicht der fünfziger Jahre schwebt über der ganzen Szene.
Obwohl auch Oginski das Land verließ, gilt er dennoch als einer der »Vorboten«
des nationalen Stils in der polnischen Musik. Das Thema Polen ist in seinen
Werken ebenso mit dem Thema des Aufstandes gegen die ersten Teilungen
verbunden. Doch nach der vierten Teilung sieht die Geschichte anders aus: der
nationale Geist des Frühromantikers erstarrt bei Wajdas Aristokraten zu einem
nostalgischen Relikt und weicht letztlich der Resignation, denn mit Oginskis Polonaise
zelebriert die nationale Rechte - das Bürgertum, die Aristokraten – nicht nur
ihren Abschied von Polen, sondern auch ihren Rückzug aus der Geschichte. Die
Zeiten behäbiger Saloneleganz und blaublütiger Beschaulichkeit sind endgültig
vorbei, Moskaus Parteifunktionäre rücken nach. So leichenhaft und starr Oginskis
Polonaise jene Aristokraten zunächst im Kreis führt, so erstarrt bleiben diese
auch in ihren überholten Wertevorstellungen. Sie sind nicht in der Lage, auf
das neue politische Klima im Lande zu reagieren. Sie verharren lieber in der
Sphäre verstaubter Saloneleganz und feiern ihren Abschied in romantischer
Verklärtheit. Den einzigen Ausweg sehen sie in der Emigration. Die Szene trägt somit
alle Merkmale einer Allegorie: hier gilt es offenbar, so führt auch Kreimeier
aus, ein nationales Trauma zu ergründen, zu seinen geschichtlichen Wurzeln
vorzustoßen.40
40 Kreimeier 1980, S. 29.
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In der Monotonie der
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