um sich. Beide Feiern – eine zugespitzte
gesellschaftliche Totalschau – enden als sinnlose Besäufnisse, in denen die Vertreter
der »neuen Ordnung« pathetische Phrasen absondern und die Nationalisten ihre
Unsicherheit nach Kriegsende in Weltschmerz und Alkohol ertränken. Maciek, der von
seinen Vorgesetzten Andrzej und Major Waga den Befehl erhalten hat, den Auftrag
trotz der Panne auszuführen, hat sich im Zimmer neben Szczuka einquartiert. An der
Bar lernt er die Kellnerin Krystyna kennen, mit der er später in der Nacht einige
Stunden verbringen wird. Sie ist eine Tochter der Mittelklasse, ihr Vater starb in
Dachau, ihre Mutter kam während des Aufstandes in Warschau um. Zwischen ihr und
Maciek beginnt eine scheue und behutsame, jedoch hoffnungslose Liebe. Dennoch
läßt diese Beziehung Maciek zum ersten Mal einen Sinn in seinem Leben erkennen.
Er möchte endlich ein normales Leben führen und studieren, doch will er auch den
Idealen der Vergangenheit nicht untreu werden. Im Gefängnis der Stadt werden derweil
die gefangengesetzten Mitglieder einer Partisanengruppe verhört. Unter ihnen ist
Marek, Szczukas Sohn. Als der Morgen dämmert, gehen die Festlichkeiten im Hotel mit
einer gespenstischen Polonaise zu Ende. Für Maciek wird es Zeit, seinen Auftrag
auszuführen. Sein Pflichtgefühl siegt über seine Liebe zu Krystyna. Er ermordet Szczuka,
als dieser auf dem Weg ins Gefängnis zu seinem inhaftierten Sohn ist, während am
Himmel ein großes Friedensfeuerwerk abbrennt. Eher aus Zufall wird Maciek am
darauffolgenden Morgen von einer russischen Patrouille angeschossen, denen er zu entkommen
versuchte. Er schleppt sich weiter bis auf eine große Müllhalde. Dort verendet er wie ein
Tier.
Die dramaturgische Anlage von Asche und Diamant entspricht der einer Tragödie. Wajda hält sich an die Einheit von Zeit und Ort, die Ereignisse folgen einander unerbittlich und scheinen unvermeidlich. Nach und nach deckt Wajda Charaktere und Motive der Protagonisten auf. Die innere Form der Tragödie ist nach Aristoteles durch das Tragische bestimmt. Die in ihren Grundzügen überlieferte Handlung führt dem Zuschauer eine Wandlung vor, die den Helden durch einen Fehler meist vom Glück ins Unglück stürzt. Dieser ist ein eher durchschnittlicher Mensch, er ist weder Verbrecher noch absolut tugendhaft.30 Damit vollzieht sich auch gleichzeitig eine Wandlung des Helden von der Unkenntnis zur Kenntnis. Diese geschieht in Gestalt eines »üblen Dämons«. Er manifestiert sich in der tragischen Verfehlung des Helden, seinem unschuldig Schuldig-Werden – und dies im Affekt, in der Verblendung, im Leichtsinn oder in der Selbstüberschätzung (Hybris). Der Zuschauer ist an diesem tragischen Geschehen beteiligt durch »Schauder« und »Jammer« und die daraus entspringende Katharsis, einem psychologischen Reinigungsprozeß. Das Tragische liegt in der Unausweichlichkeit der Katastrophe. Wie der Held sich auch entscheiden wird, er wird seinem Untergang nicht entgehen können. Tatsächlich finden sich in Asche und Diamant zahlreiche Hinweise auf die Poetik des Aristoteles, die im folgenden ebenso erläutert werden.Die Exposition des Films erstreckt sich über die ersten vier Szenen.31
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