Schlappner faßt die Gemeinsamkeiten der Filme
des Neorealismus mit wenigen Worten zusammen: »Wahrhaftigkeit, Nüchternheit,
Gewissenserforschung, Unmittelbarkeit: das gab diesen Filmen den Charakter des Bekenntnishaften
[...].«14
14 Schlappner, Martin: Von Rosselini zu Fellini. Das Menschenbild im italienischen
Neo-Realismus. Zürich 1958, S. 9.
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In der Literatur werden kontinuierlich zwei grundsätzliche Charakteristika genannt,
die Wajdas Werk, besonders aber seine Kriegstrilogie, durchziehen: einerseits die
romantische Atmosphäre seiner Filme und andererseits seine Vorliebe für ausweglose
Situationen, die durch keine politische Moral zu rechtfertigen sind und meist im
Untergang münden. Doch handelt es sich bei ihm nicht um die obsolete Romantik des 19.
Jahrhunderts, sondern um eine »moderne Romantik« der Mitte des 20. Jahrhunderts.
Was er mit dem vergangenen Jahrhundert gemein hat, das ist seine Verehrung für
heroische Gesten, romantische Überempfindlichkeit sowie den plötzlichen Wechsel von
höchster überspannter Euphorie zu hoffnungsloser Resignation. Auf seine vermeintliche
Vorliebe für Romantik angesprochen, konzentriert Wajda diese Eigenschaften auf die
Helden seiner Filme:
»I often ask myself why my films are considered romantic. Is it a matter of
situation? Is it the problem of the hero? If it comes from the hero, let’s see
what he should be and what he is in my films: disinterested, looking for the
truth, always in conflict with his surroundings. [...] The dead-end situation
is the most interesting of dramatic situations. If the hero has a chance of
a way out, it means he can do right or do wrong. If he acts rightly, there’s
no problem, if wrongly, he’s stupid and it’s useless to make a film. I think
that Aristotle’s poetic is more in force today and to a greater degree that one
thinks.«15
15 Stanislas Janicki: »Andrzej Wajda.« In: Colin McArthur (Hrsg.): Andrzej Wajda: Polish
Cinema. London 1970, S. 37–38.
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Der Todesreigen16
16 Klaus Kreimeier: »Nach der Schlacht.« In: Jansen/Schütte 1980, S. 14.
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der sich fortan mit seinen vielen absurden bis in die Tragikomik mündenden Bildern
ebenso kontinuierlich durch sein Werk zieht, ist Wajdas Beitrag zur Psychologie des
Sterbens. Der Tod ist bei ihm eng verquickt mit seinem Hang zur Romantik. Damit
näherte er sich der Romantik in obengenanntem »modernen« Sinne von der skeptischen
Seite. Er stellt die Figuren seiner Kriegsfilme stets zwischen Rausch und Trümmern dar:
Reste eines feudalen Salons, edle Vasen, Porzellanfiguren, ein Bechstein-Flügel – eine
fotografierte Reliquiensammlung des 19. Jahrhunderts, die Melancholie und Abschied
ausstrahlt, in der seine Figuren letztlich politisch unmündig und damit ohnmächtig
sind.17
17 Günther Seuren: »Asche und Diamant.« In: Arbeitsgemeinschaft der Filmjournalisten e.
V. (Hrsg.): Jahrbuch III der Filmkritik. Emsdetten/Westf. 1962, S. 290.
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Eng mit dem Tod verbunden ist stets das Motiv der (unerfüllten) Liebe. Kreimeier
bezeichnet Wajdas Verknüpfung von Liebe und Tod auch als »existentielle
Grundmotive«.18
18 Kreimeier 1980, S. 42.
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Meist werden beide in einer Verkettung von Zufall und Schicksal auf die Spitze grausamer
Ironie getrieben. Zugleich stellt sich das Motiv des Todes bei Wajda meist als Folge von
Pflichterfüllung dar – der Konflikt zwischen Liebe und Pflicht ist zudem klassisch. »Die
Helden fallen der Gewalt der Umstände zum Opfer, aber fallend siegen sie in moralischer
Hinsicht,«19
19 Maria Ratschewa: »Interview.« In: Jansen/Schütte 1980, S.71; vgl. auch Fred Gehler:
»Das Trauma der Ausweglosigkeit. Andrzej Wajda: Mythen und Entmystifikation.« Film
und Fernsehen 11 (1990) 21.
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da
sie ihrem persönlichen Anspruch an
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