Durchführung der Interviews
Die für die Materialgewinnung gewählte Form des problemzentrierten Interviews (Witzel
1985; Flick 21996, 105ff)
läßt den Befragten möglichst frei zu Wort kommen, um einem offenen
Gespräch nahezukommen. Es ist aber zentriert auf eine bestimmte
Problemstellung, die der Interviewer einführt, auf die er immer wieder
zurückkommt (Mayring 31996, 50).
Den Interviews lag ein thematischer Leitfaden zugrunde, der auf den oben entwickelten
drei Fragenkomplexen aufbaute, ergänzt um Angaben zu Ausbildung, Beruf,
Lebensumständen etc. (s. Appendix II). Dieser Leitfaden diente der Abdeckung
inhaltlich bedeutsamer Punkte, nicht aber der zeitlichen Strukturierung der Interviews.
Das gewählte Gesprächsmodell gab den Befragten darüber hinaus die Möglichkeit,
Erfahrungen und Reflexionen auch über die vom Interviewer angesprochenen Punkte
hinaus darzustellen. Dem qualitativen Prinzip der Offenheit (vgl. Mayring, P. 31996,
16f) folgend blieb auch der Leitfaden während des gesamten Erhebungszeitraums frei für
Ergänzungen oder Modifikationen durch neu auftauchende Aspekte. Somit blieb die
Offenheit für individuelle Herangehensweisen und Reflexionen erhalten. Durch die
inhaltliche Strukturierung ist die Vergleichbarkeit der einzelnen Interviews jedoch
gewährleistet.
Die Interviews begannen mit einer Warming-up-Phase, in der die Fragestellung der
Untersuchung noch einmal kurz erläutert wurde. Meist entwickelte sich hieraus
schon ein lebhaftes Gespräch, das die nun auf Band aufgezeichnete Hauptphase
des Interviews einleitete. Hierbei wurden den Interviewpartnern die drei von
Grimmer (1988, 94) formulierten Freiheitsgrade gewährt: »Ausführlichkeit,
Dispositionsspielraum in der Auswahl und Gestaltung seiner Beiträge sowie
Detailliertheit in der Darstellung seines Redegegenstandes.« Bezeichnend ist, dass die bei
der telefonischen Kontaktanbahnung festgestellte Zurückhaltung vieler Probanden
während der Interviews meist einer deutlich festzustellenden Lust am Erzählen
wich.
Viele der im Leitfaden festgehaltenen Fragen wurden von den Interviewpartnern selbst
angesprochen. Andererseits wurde auf die Behandlung mancher im Leitfaden
angedachter Themenbereiche mitunter verzichtet, wenn der Eindruck entstand, diese
seien für den Gesprächspartner irrelevant oder aber eine gezielte Frage könnte ihn quasi
suggestiv zu bestimmten Antworten drängen.
Bezüglich der zeitlichen Dauer der Interviews wurde vorab ein Zeitraum von ungefähr
90 Minuten veranschlagt. Dieser Rahmen wurde meist auch eingehalten, gelegentlich
aber auch nach unten, öfter nach oben hin überschritten, so dass die für die Interviews
aufgebrachte Zeitspanne von knapp einer Stunde bis nahezu zum Dreifachen der Zeit
reichte. Während der meisten Interviews oder im Anschluss daran wurde mir die
Möglichkeit gegeben, von den Probanden am Computer erstellte Musik zu hören.
Oftmals setzte sich das Gespräch auch nach Beendigung des ›offiziellen‹ Interviews fort.
In diese Zeit fallende Äußerungen wurden entweder noch ad hoc mitgeschnitten oder
aber im Anschluss protokolliert.
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