Es wurde schon darauf hingewiesen, daß zu musikpädagogischen Neuerungen immer auch Vorstellungen zu deren prinzipieller Durchsetzbarkeit gehören, - ausgenommen die sich zu gegebener Zeit entfaltenden Kräfte von Utopien. In diesem Sinne war die Situation im England der Jahrhundertwende zumindest im Bereich der höheren Mädchenbildung günstig. Zwar galt es, das Ideal der klavierspielenden "Höheren Tochter" noch zu überwinden, durch dessen tendenzielle Einbindung in den schulischen Musikunterricht war eine Neuorientierung aber nicht ganz ohne Chancen.

In Macphersons Ausführungen findet sich ein früher Hinweis auf die Bedeutung musikalischer Reproduktionsmittel [1], die in den folgenden Jahrzehnten das Denken über die Möglichkeiten des Musikunterrichts völlig verändern sollten. Als Musiker geht Macpherson mit diesem Instrument naturgemäß vorsichtig um. Er greift zur mechanischen Wiedergabe, damit die Mädchen "die Substanz der Musik kennenlernen, bevor ich sie ihnen vorspiele und darüber spreche." Andrerseits räumt er diesem Unterrichtsmedium weitere Entwicklungschancen ein, da alle Aussichten bestehen, "daß die Leistungsfähigkeit mechanischer Instrumente noch weiter erhöht und verbessert wird." Mit wieviel mehr Überzeugung hätte sich Macpherson für dieses Medium eingesetzt, wären ihm auch nur die vergleichbaren heutigen Varianten, computergesteuerte Klaviere, bekannt gewesen, - nicht zu reden von der ganzen Palette mikrophonaler Musikgeräte.

Es ist kein Zufall, daß die musical appreciation - Bewegung in den gleichen Jahren einsetzt, in denen sich Musikautomaten und Tonwiedergabegeräte mit ungeahnter Geschwindigkeit auszubreiten beginnen. Vom Pianola (Phonola u.ä.) bis zum Welte–Mignon–Flügel gibt es im Laufe weniger Jahre eine Qualitätssteigerung, die in mancher Beziehung erst in jüngster Zeit mithilfe anderer Technologien eingeholt werden konnte. Man denke etwa an die Welte–Mignon–Einspielungen berühmter Pianisten und Komponisten (seit 1905!), die erst heute,

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[1] Vgl. S.50 u. S.52 zu "Pianola"