- 78 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum 
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Dies kann sich z. B. äußern durch die Bestuhlung (Platzkarten oder freie Platzwahl), die auch das Tanzen während eines Konzertes unterbindet. In Opernauditorien und in Konzertsälen herrscht – im Gegensatz zu vielen anderen Konzertdarbietungen – Konsumverbot.

3. Konzertbeginn
Klassische Konzerte und Opern beginnen in der Regel pünktlich, während Rock- und Popmusiker gerne etwas länger auf sich warten lassen. Der Auftritt der Musiker ist begleitet von Beifall, einer ersten Vergewisserung der sozialen Kommunikation während des Musikdarbietungsrituals. Hier zeigt sich: es hat »gefunkt«. Jetzt tritt auch erstmals die Bekleidung der Musiker in Erscheinung, gerade bei Rock- und Popkonzerten ein wichtiger Bestandteil des Konzertrituals.

4. Musikdarbietung
Voraussetzung hier ist das Beherrschen eines gemeinsamen Kanons von Verhaltensregeln. Während klassischer Konzerte und Opern ist das Publikum still, Störenfriede werden notfalls gemaßregelt (»niedergezischt «). Rösing/Barber-Kersovan: »Bei klassischer Musik läßt die konzentrierte, mit starker Triebreduktion verbundene Teilnahme am Konzert keine Störung durch Geräusche und Bewegungen zu.«62

62
Rösing/Barber-Kersovan (1997) 141.
Im Gegensatz dazu soll bei Rock- und Popkonzerten das Publikum (meist) gerade zum Mitmachen in »körperbezogener Form« animiert werden.

5. Beifalls-, Missfallsbekundung
Für das Applaudieren gelten in unterschiedlichen Konzertsituationen verschiedene Regeln. Gerade im klassischen Konzert ist eine (zumindest grobe) Kenntnis der musikalischen Formen meist Grundvoraussetzung. So gilt es heute meistens als unangebracht, nach Einzelsätzen einer Sinfonie zu applaudieren. Applaus in einer als Schluss missverstandenen Pause innerhalb eines Einzelsatzes ist ein absolutes »No-Go«. In der Oper ist dagegen ein Applaudieren, z. B. nach einer Arie, fester Bestandteil des Konzertrituals. Bei Rock und Popkonzerten wird das Publikum oft während der Musikdarbietung dazu animiert, mitzuklatschen. Pfeifkonzerte gelten im klassischen Konzert als Verkündigung des Missfallens, während sie bei Rock-/Popkonzerten meist das Gegenteil bedeuten. Höchster Ausdruck mitvollziehender Zustimmung durch das Publikum ist hier das Stürmen der Bühne.

6. Pause
Die Pause ist ein wesentlicher Bestandteil des Konzertrituals. Die Pause gilt vor allem der Kommunikation, aber auch der Befriedigung individueller Bedürfnisse (Verrichtung der Notdurft, Getränkekonsum, u. U. Frisur bzw. Make-up kontrollieren, Rauchen usw.). Gerade im »Sehen und Gesehenwerden« während der Pause treffen sich Selbstdefinition und Gruppendefinition: hier erfolgt am stärksten der subjektive Beweis des »Dazugehörens« zu einer bestimmten sozialen Gruppe.


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