- 76 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum 
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Faszination für Zauber, Magie).50
50
Vgl. Schnebel (1999) 10.
Wolfgang Gratzer benennt51
51
In Bezug auf: Braungart, Wolfgang: Ritual und Literatur. Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft, Bd. 53, Tübingen 1996.
einige wesentliche Funktionen von Ritualen (im engeren Sinne), die hier vor allem einer Herstellung oder Vergewisserung sozialer Ordnung dienen:

  1. Bedürfnis nach Selbstdefinition
  2. Bedürfnis nach Gruppendefinition
  3. Bedürfnis nach Entlastung von Entscheidungen
  4. Bedürfnis nach gemeinsamer ästhetischer Inszenierung52
    52
    Vgl. Gratzer (1999) 44f.

Wenn Madonna »music makes the people come together – music makes the bourgeoisie and the rebel« singt,53

53
Aus dem Song: Music (Madonna/Mirwais Ahmadzai), Maverick/Warner 2000.
dann bezeichnet sie damit direkt die Identifikationsfunktionen von Musikritualen, hier die ersten beiden der angeführten Bedürfnisse. Die Ausdrucksmittel der säkularisierten abendländischen Kunstmusik wurden bekanntlich bereits zu großen Teilen in der geistlichen Musik entwickelt, eingebunden in die Rituale des gottesdienstlichen Zeremoniells. Doch auch das entstandene bürgerliche Konzertleben gehorcht eindeutig rituellen Verhaltensweisen, die in Grundzügen sogar den religiösen Ritualen entlehnt sind – allen voran das Lauschen der Musikdarbietung selbst, welches dem andächtigen Vernehmen der Liturgie ähnelt. Stärker aber noch als in der Kirche wird gerade im Konzert das eklatanteste Merkmal der spezifisch abendländischen Entwicklung von Musikritualen deutlich: eine Aufspaltung der Beteiligten in Produzierende und Rezipierende.54
54
Vgl. Rösing/Barber-Kersovan (1997) 137.
Heinz-Klaus Metzger vermag noch gänzlich archaische Wurzeln im »kultivierten« bürgerlichen Konzertritual zu erkennen.55
55
Vgl. Metzger (1999) 19.
In Anlehnung an Nietzsches Vorstellung vom Ohr als »Organ der Furcht«, welches zu Urzeiten vor allem nach Einbruch der Dunkelheit eine (über-)lebenswichtige Funktion erfüllt haben dürfte, macht er auf die bisher kaum beachtete Tatsache aufmerksam, dass – während Ausstellungen meist tagsüber geöffnet sind – Konzerte immer noch überwiegend in den Abendstunden stattfinden; »etwas von diesem Ursprung der Musik, deren originäre Vokation es gewesen sein soll, das Organ der Furcht nächtens zu befriedigen, spielt immer noch eine Rolle.«56
56
Ebd.
Rösing/Barber-Kersovan schlagen eine Unterscheidung von acht verschiedenen (ineinander greifenden) Phasen von Konzertrituale vor:

  1. Allgemeine Vorbereitung
  2. Vor dem Konzert
  3. Konzertbeginn
  4. Musikdarbietung

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