der Musikförderung der öffentlichen
Hand.28
Allerdings scheint sich hier langsam ein Wandel anzuzeigen. Dies zeigt sich
auch an der (bislang) einmaligen Beschäftigung des Bundestages mit dem
Thema Rock- und Popmusik am 22.02.2002. Gegenstand war eine Anfrage der
CDU/CSU-Fraktion29
Vgl. Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU »Bestandsaufnahme und Perspektiven der
Rock- und Popmusik in Deutschland«, Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode, Drucksache
14/5290.
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und
die Antwort der Bundesregierung zum Thema »Bestandsaufnahme und Perspektiven der Rock- und Popmusik
in Deutschland«.30
Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU
»Bestandsaufnahme und Perspektiven der Rock- und Popmusik in Deutschland«, Deutscher
Bundestag, 14. Wahlperiode, Drucksache 14/6993.
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Bestimmend für das hier vermeintlich neu erwachte Interesse der politischen
Öffentlichkeit an einem lange etwas vernachlässigten Bestandteil der Musikkultur ist
wohl weniger eine ästhetische Wertschätzung, als ihr ökonomischer Wert als
Wirtschaftsfaktor. Doch erscheint es wenig plausibel, dass die Mitarbeiterin des
Bahnhofsmanagements wirklich an die Verteilung der Fördermittel durch die öffentliche
Hand gedacht hat. Einleuchtender ist die Interpretation, dass (in der Begründung für
die Auswahl des Musikgenres) mit »Konsens« nicht eine Zustimmung oder
Wertschätzung gemeint ist, sondern eher die Annahme, durch die Auswahl des
Genres bei Fahrgästen oder Passanten auf die geringste Ablehnung zu stoßen.
Doch auch diese Annahme kann durch Forschungsergebnisse nicht untermauert
werden. 1980 gaben in einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allenbach
immerhin 48,6 % der Befragten an, klassische Konzertmusik »gefiele ihnen weniger«
und rangierte im Grade der Ablehnung noch vor z. B. Disco-Musik (45,8 %),
Ausländischer Folklore (37,1 %), Blas-/Marschmusik (34,4 %) und Deutschem Schlager
(21,6 %).31
Vgl. Motte-Haber (1996) 162.
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Doch sind die Erkenntnisse der Rezeptionsforschung bzw. der musikalischen
Präferenzforschung nicht unbedingt übertragbar auf die Wahrnehmung der
Musikbeschallung am Hamburger Hauptbahnhof, wie das nächste Kapitel verdeutlichen
soll.
6.1.3. Grenzen der Rezeptionsforschung
Der Begriff der musikalischen Rezeption ist kein klar definierter. In der Forschung
umschreibt er vielmehr eine Vielzahl von Ansätzen unterschiedlicher Disziplinen. So ergibt
sich das Bild eines offenen Bedeutungshorizonts des Begriffs, der vom musikalischen
Ausdruck über den musikalischen Geschmack, Präferenzen, sozial vermittelte Stereotypen
bis hin zu Erforschung der Medienwirkungen von Musik reicht. Die musikpsychologische
Rezeptionsforschung war in ihrer Anfangszeit, Heiner Gembris datiert sie ca. von
1860–1880,32
bestimmt durch eine Pluralität von Forschungsansätzen. Die ersten Arbeiten der
musikpsychologischen Rezeptionsforschung orientierten sich am naturwissenschaftlichen
Experiment wie z. B. Hermann von Helmholtz und seine »Lehre von den
Tonempfindungen« (1865) oder Carl Stumpf »Tonpsychologie« (1883/1890). Beliebte
Forschungsmethoden waren anfangs Experimentalkonzerte. Seit dem Siegeszug
der Schallplatte (und später des Tonbands) arbeitete die Rezeptionsforschung
fast ausschließlich mit technisch
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