- 61 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum 
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Gehirnjogging-Aufgaben zur Intelligenz- und Kreativitätssteigerung«. Aus dem Begriff »Mozart-Effekt« war längst ein eingetragenes Warenzeichen geworden und vor allem der Musiktherapeut Don Campell widmete sich einer intensiven Vermarktung des Phänomens: »It (music) clears our minds and has been known to make us smarter«, heißt es in seinem populärwissenschaftlichen Bestseller »The Mozart Effect«10
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Campell, D.: The Mozart Effect: Tapping the Power of Music to Heal the Body, Strenghten the Mind and Unlock the Creative Spirit, New York 1997, S. 5. Zit. nach Gorman, a.a.O.
.

CDs, populärwissenschaftliche Bücher, Seminare (Campell), ein reges Interesse der Massenmedien – man könnte von einem eigenen Industriezweig sprechen, der aus den Studien von Rauscher, Shaw und Ky entstanden ist. In den USA zeigten sie ihre Wirkung sogar auf staatlicher Ebene: in Georgia wurde 1998 eigens Geld für spezielle Programme bereitgestellt, damit alle jungen Mütter das Krankenhaus mit einer Mozart-CD verlassen konnten; die Staaten Florida, Tennessee und New York erließen Verfügungen über Klassik-Beschallung in Ganztages-Kindergärten.11

Kaum jemanden schien zu stören, dass eine Reihe von Studien, die den Effekt zu rekonstruieren suchten, gänzlich erfolglos blieben12
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Kenealy, 1994; Stough, Kerkin, Bates u. Mangan, 1994; Newman et al., 1995; Steele, Ball u. Runk, 1997. Vgl. Gorman a.a.O.
oder ambivalente Ergebnisse lieferten13
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Wilson u. Brown, 1997. Vgl. Gorman a.a.O.
, und dies sowohl bei strikter Einhaltung des ursprünglichen Versuchsdesigns als auch bei Abwandlungen desselben. Auch die angenommenen negativen Wirkungen repetitiver Musik auf raum-zeitliches Denkvermögen schienen sich nicht nachweisen zu lassen.14
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Stough et al. 1994. Vgl. Gorman a.a.O.
Selbst Initiatorin Frances Rauscher zeigte sich zunächst befremdet von der überraschenden Eigendynamik, die der »Mozart-Effekt« entwickelt hatte (»I’m horrified and very surprised over what has happened.«15
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Rauscher (1993). Zit. nach Aguilar (2002), a.a.O.
). Nach einer Reihe von Folgestudien und erneuter Durchsicht ihrer Initialstudie versuchten Rauscher/Shaw 1998 die widersprüchlichen Ergebnisse zu erklären. So hätte von den drei IQ-Tests, die Bestandteil der ersten Studie waren, nur einer wirklich raum-zeitliche Fähigkeiten (spatial-temporal tasks) verlangt, während die beiden anderen allein räumliches Erkennen (spatial recognition) gefordert hätten. Letzteres würde jedoch durch klassische Musik nicht beeinflusst. Signifikant seien daher nur Ergebnisse von Untersuchungen mit Intelligenztests, die – wie die Initialstudie – raum-zeitliche Fähigkeiten abverlangen. Gorman glaubt nicht, dass sich aus den wenigen (halbwegs) gesicherten Ergebnissen – mit nachgewiesenen Kurzzeit-Effekten – wirklich ein nennenswerter pragmatischer Nutzen ziehen lässt:

»The short-term effects that have been found are so emphemeral and are confined to such a narrow range of tasks that it is questionable as to whether any practical application will come from this research. (...) The research may, however, help guide theories regarding the architecture of the mind (...).«16

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Gorman (1999) a.a.O.

Des Weiteren macht er darauf aufmerksam, dass die Motivation für viele der Studien von Musiklehrern ausging: »It seems that these studies do support the agenda


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