- 62 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum 
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of those promoting music education.«17
17
Ebd.
Die berechtigte Skepsis gegenüber dem »Mozart-Effekt« sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Reihe anderer Studien nahe legen, dass das aktive Musizieren sehr wohl positive Wirkungen z. B. auf die Sprachfähigkeit oder das sog. »soziale Lernen« bei Kindern hat.18
18
Vgl. z. B. Klemm, G.: Untersuchungen über den Zusammenhang musikalischer und sprachlicher Wahrnehmungsfähigkeiten, Frankfurt (1987) oder eine gute Zusammenfassung der Studien bei Spychiger (1997).
Allerdings ist diese Erkenntnis weder besonders neu, noch ist sie spektakulär genug, um ähnliche Resonanz in den Medien hervorzurufen wie der »Mozart-Effekt«. Die Popularität dieses Phänomens liegt sicher zu einem großen Teil auch im Faszinosum Mozart selbst begründet.19
19
Vgl. auch zum Thema »Musikvermarktung, Beispiel Mozart« Rösing (1997): Musik im Alltag, 123–125.
Don Campell schreibt:

»Clearly, the rhythms, melodies, and high frequencies of Mozart’s music stimulate and charge the creative and motivational regions of the brain. But perhaps the key to this greatness is that it all sounds so pure and simple. Mozart does not weave a dazzling tapestry like the great mathematical genius Bach. He does not raise tidal waves of emotions like the epically tortured Beethoven.«20

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Campell a.a.O. 27.

Den eigentlichen Grund für die »Kraft« von Mozarts Musik sieht Campell jedoch in dessen Kindheit verborgen, insbesondere in der Tatsache, dass er schon vor der Geburt ständig Musik ausgesetzt gewesen ist. Dabei vergisst er jedoch, dass Ähnliches auch z. B. für Bach und Beethoven gilt. Das Begreifen von Mozarts Musik als eine pragmatische, quasi medikamentöse pädagogische Maßnahme (unter Berufung auf umstrittene Forschungsergebnisse) rückt den »Mozart-Effekt« in die Nähe der amüsanten Pressemeldungen über klingende Kuhställe und Orangenplantagen. Dort – wie auch in den Geschichten über angebliche Steigerungen von Ernteerträgen durch Klassik-Beschallung – wird immer auch versucht, den »Wert« (hier den Nutzwert) einer geistigen Schöpfung (klassische Musik) mithilfe von naturwissenschaftlich messbaren Indikatoren zu beweisen. Dahinter steckt ein evolutionsbiologisch motiviertes Wertesystem. Elisabeth Haselauer schreibt:

»Wir Menschen empfinden Wertunterschiede zwischen höheren und niederen ›Harmonien‹ (im Allgemeinen) und lassen niedere nur gelten, wenn sie den höheren gleichsam nichts antun. (...) Gräser und Löwenzahn sind nur so lange wunderbar, als sie nicht in unserem Blumenbeet wachsen.«21

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Haselauer (1986) 73.

Nach Haselauer gibt es auch bei der Bewertung von Musik die Tendenz, eine komplexer organisiertere als höherwertig einzuschätzen. Die vielen kuriosen Geschichten über Wirkungen von Klassik-Beschallungen treffen letztlich genau diesen Nerv. Sicher ist es nicht schädlich, Kindern Mozart-Sonaten vorzuspielen. Bedenklich wird es erst, wenn die Mozart-Beschallung vorrangig nur Eltern ein gutes Gewissen beschert, nämlich das Bewusstsein, allein durch den Erwerb einer Mozart-CD schon eine Menge für den Nachwuchs getan zu haben. Analog dazu ist auch die Zeitungstory »Klassik gegen Junkies«22

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Süddeutsche Zeitung, a.a.O.
bedenklich, weil sie suggeriert, allein durch diese

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