»Betreten Sie kein Haus, das die ›Musique d’Ameublement‹ nicht anwendet.«,
»Ihr Schlaf wird schlecht sein, wenn Sie nicht vor dem Einschlafen etwas ›Musique
d’Ameublement‹ hören.« Wehmeyer beschreibt noch über eine Zuspitzung des
Gedankens einer Musique d’Ameublement:
»Satie schrieb für Mrs. Eugène Meyer aus Washington eine Musik, die als
Ausstellungsstück für das Ohr gedacht war, sie hätte pausenlos von einer
Grammophonplatte gespielt werden müssen. Milhaud nennt sie Musique pour
un Cabinet
Préfectorial.«116
Wichtiger als die Frage nach der genauen Bedeutung der Musique d’Ameublement, die
sich nicht restlos klären lässt, ist das Vorhandensein der Idee von solch einer
Musik. Denn allein das Erwägen dieser Möglichkeit zeugt von einem modernen
Kunstverständnis, das wenig gemein hat mit der romantischen Vorstellung einer
»autonomen« Musik, die – abgeschottet vom Alltag – eine erschließende Annäherung des
Menschen verlangt. Deshalb weist Saties Auffassung zu Beginn des 20. Jahrhunderts in
die Zukunft und bedarf bei dem nachträglichen Versuch einer wissenschaftlichen
Annäherung so vieler »Ismen« (s. o.).
Einen ganz konkreten Einsatzort für seine Form einer »Musique d’Ameublement« hatte
Brian Eno bei seiner LP »Ambient1/Music For Airports« (1978 Edition EG 201) vor Augen.
Eno war Gründungsmitglied der Band Roxy Music, produzierte bzw. arbeitete u. a.
zusammen mit Nico, Robert Fripp, Robert Wyatt, John Cale, David Bowie, Talking Heads,
Devo, U2, Peter Gabriel, Neville Brothers, James, usf. Eno begreift das Musikstudio –
wie schon die Kölner und Pariser Pioniere der elektronischen Musik – selbst als
Kompositionswerkzeug117
und ignoriert (vor allem auf seinen Solo-Alben) die Grenzen zwischen Rock/Pop
und Avantgarde. Eno gilt als der Erfinder von »Ambient-Music«. Bereits seine
vorangegangenen Alben »No Pussyfooting« mit Robert Fripp (1974, Island),
»Discreet Music« (1975, Obscure) und »Music For Films« (1978, Antilles) haben
Ambient-Charakter, auch wenn die Bezeichnung erst auf dem Cover von »Music For
Airports« auftaucht. Das Wort stammt vom lateinischen »ambiens«, dem Partizip
Präsens von »ambire« (herumgehen). In der meist minimalistischen, »leisen«
Ambient-Music ist die räumliche Ausgestaltung einer »Klangwelt« wichtiger als die
Parameter Melodik und Harmonik. Sie lädt den Hörer ein zur Entdeckung des
Klangraums, lässt gleichzeitig genügend Platz für die eigene Lautsphäre der Orte, an
denen sie erklingt, so dass schließlich beides miteinander verschmilzt. »Music For
Airports« ist Enos erstes Album einer ausgewiesenen »Ambient Serie«, gefolgt von
Harold Budd/Brian Eno: »Ambient 2/ The Plateux Of Mirrow« (1980), »Laraaji« (Eno
prod.): »Ambient 3/ Day Of Radiance« (1980) und Brian Eno: »Ambient 4/ On Land«
(1982).118
Alle erschienen bei Editions EG.
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In einer Kritik der New York Times wurde »Music for Airports« als
»Avantgarde-Muzak«119
Emerson, Ken: Brian Eno Slips into Trance Music, New York Times, 12.07.1979, S. 22. Zit.
nach Tamm (1989) 140.
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bezeichnet, was vermutlich eher abwertend gemeint
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