- 54 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum 
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»Betreten Sie kein Haus, das die ›Musique d’Ameublement‹ nicht anwendet.«, »Ihr Schlaf wird schlecht sein, wenn Sie nicht vor dem Einschlafen etwas ›Musique d’Ameublement‹ hören.« Wehmeyer beschreibt noch über eine Zuspitzung des Gedankens einer Musique d’Ameublement:

»Satie schrieb für Mrs. Eugène Meyer aus Washington eine Musik, die als Ausstellungsstück für das Ohr gedacht war, sie hätte pausenlos von einer Grammophonplatte gespielt werden müssen. Milhaud nennt sie Musique pour un Cabinet Préfectorial116

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Wehmeyer (1974) 229.

Wichtiger als die Frage nach der genauen Bedeutung der Musique d’Ameublement, die sich nicht restlos klären lässt, ist das Vorhandensein der Idee von solch einer Musik. Denn allein das Erwägen dieser Möglichkeit zeugt von einem modernen Kunstverständnis, das wenig gemein hat mit der romantischen Vorstellung einer »autonomen« Musik, die – abgeschottet vom Alltag – eine erschließende Annäherung des Menschen verlangt. Deshalb weist Saties Auffassung zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Zukunft und bedarf bei dem nachträglichen Versuch einer wissenschaftlichen Annäherung so vieler »Ismen« (s. o.).

Einen ganz konkreten Einsatzort für seine Form einer »Musique d’Ameublement« hatte Brian Eno bei seiner LP »Ambient1/Music For Airports« (1978 Edition EG 201) vor Augen. Eno war Gründungsmitglied der Band Roxy Music, produzierte bzw. arbeitete u. a. zusammen mit Nico, Robert Fripp, Robert Wyatt, John Cale, David Bowie, Talking Heads, Devo, U2, Peter Gabriel, Neville Brothers, James, usf. Eno begreift das Musikstudio – wie schon die Kölner und Pariser Pioniere der elektronischen Musik – selbst als Kompositionswerkzeug117

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Vgl. Eno, Brian: Pro Session – The Studio As Compositional Tool, in: Downbeat 1978, online unter: http://music.hyperreal.org/artists/brian_eno, Link: »Interview«.
und ignoriert (vor allem auf seinen Solo-Alben) die Grenzen zwischen Rock/Pop und Avantgarde. Eno gilt als der Erfinder von »Ambient-Music«. Bereits seine vorangegangenen Alben »No Pussyfooting« mit Robert Fripp (1974, Island), »Discreet Music« (1975, Obscure) und »Music For Films« (1978, Antilles) haben Ambient-Charakter, auch wenn die Bezeichnung erst auf dem Cover von »Music For Airports« auftaucht. Das Wort stammt vom lateinischen »ambiens«, dem Partizip Präsens von »ambire« (herumgehen). In der meist minimalistischen, »leisen« Ambient-Music ist die räumliche Ausgestaltung einer »Klangwelt« wichtiger als die Parameter Melodik und Harmonik. Sie lädt den Hörer ein zur Entdeckung des Klangraums, lässt gleichzeitig genügend Platz für die eigene Lautsphäre der Orte, an denen sie erklingt, so dass schließlich beides miteinander verschmilzt. »Music For Airports« ist Enos erstes Album einer ausgewiesenen »Ambient Serie«, gefolgt von Harold Budd/Brian Eno: »Ambient 2/ The Plateux Of Mirrow« (1980), »Laraaji« (Eno prod.): »Ambient 3/ Day Of Radiance« (1980) und Brian Eno: »Ambient 4/ On Land« (1982).118
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Alle erschienen bei Editions EG.
In einer Kritik der New York Times wurde »Music for Airports« als »Avantgarde-Muzak«119
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Emerson, Ken: Brian Eno Slips into Trance Music, New York Times, 12.07.1979, S. 22. Zit. nach Tamm (1989) 140.
bezeichnet, was vermutlich eher abwertend gemeint

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