- 50 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum 
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»Wir verurteilen einstimmig die unerträgliche Verletzung der individuellen Freiheit und des Rechtes eines jeden auf Ruhe, angesichts des Missbrauchs aufgezeichneter oder übertragener Musik an privaten und öffentlichen Orten. Wir fordern den Vorstand des International Music Council auf, eine Untersuchung aus allen Perspektiven einzuleiten – wie aus medizinischer, wissenschaftlicher und juristischer Perspektive –, ohne die künstlerischen und erzieherischen Aspekte außer Acht zu lassen, mit dem Ziel, der UNESCO und den entsprechenden Behörden geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, um diesem Mißbrauch ein Ende zu bereiten.«101

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Resolution der General Assembly of the International Music Council der UNESCO, Paris, Oktober 1969 in: Schafer (1988) 132–133.

In der Bundesrepublik wird Lärmschutz, als Bestandteil des Umweltschutzes, jedoch noch fast ausschließlich auf den Faktor Lautstärke reduziert.102

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Vgl. auch die Online-Umfrage des Umweltbundesamtes zum Thema Lärmbelästigung unter: http://www.umweltbundesamt.de/laermumfrage/index.htm.
Funktionelle/Hintergrundmusik als relativ subtiles Klangereignis bleibt dabei unberücksichtigt, stattdessen stehen Verkehrslärm (Auto-, Schienenfahrzeug- oder Fluglärm), Baustellen- oder Industrielärm, Belästigungen durch Großveranstaltungen oder Sport-/Freizeitstätten und schließlich die lärmenden Nachbarn im Mittelpunkt des Interesses und sollen durch gesetzliche Regelungen (z. B. Ruhezeiten, Geschwindigkeitsbegrenzungen) oder bauliche Maßnahmen (Schallschutz) bekämpft oder gedämpft werden. Einen Feldzug gegen allgegenwärtige Musikberieselung führen Interessengemeinschaften wie z. B. »Pipedown«.103
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Vgl. Pipedown-Deutschland online: http://home.t-online.de/home/pipedown2/.
Ursprünglich in England gegründet und inzwischen auch in Deutschland, Belgien, Holland und Österreich tätig, wirbt die Organisation (mit prominenter Unterstützung z. B. von Yehudi Menuhuin, Alfred Brendel, Justus Frantz, Helmut Schmidt . . . ) für den »Wunsch nach Stille«, versucht z. B. durch Unterschriftensammlungen Gastwirte, Geschäftsführer oder Hoteliers zum Abschalten der Musikberieselung zu bewegen. Darüber hinaus versucht Pipedown, ein Verbot von Musikbeschallung an öffentlichen Orten (z. B. in öffentlichen Verkehrsmitteln) zu erwirken.

4.5.  Musik für Räume – ästhetische Ansätze

In diesem Abschnitt sollen einige Ansätze aufgezeigt werden, die sich um eine ästhetische Gestaltung einer Musik des Hintergrundes widmen, d. h. bei denen nicht, wie etwa bei der funktionellen Musik, in erster Linie außermusikalische Zwecke im Vordergrund stehen, sondern ästhetische Erfahrung. Die Grenze zu ziehen zu dem Angebot von Firmen wie Muzak, die ja neuerdings gleichfalls in erster Linie »nur« eine schöne Atmosphäre schaffen wollen, ist gar nicht so leicht, wie es vielleicht im ersten Augenblick anmuten mag. Sicherlich wird man einige Zeitgenossen finden, die beispielsweise klassische Musik in Bahnhöfen und U-Bahn Stationen vorrangig oder ausschließlich als ästhetisch und angenehm empfinden, unabhängig von möglichen sozialen Implikationen der Beschallung. Solch eine Haltung sogleich als »blind« oder »system-konformistisch« abzutun, riskiert nicht nur das Einhandeln


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