am Bahnhof und einem Kaufhaus ins Gedächtnis zu rufen,
insbesondere die repräsentative Funktion der Öffentlichkeit von Bahnhöfen.
4.3. Muzak
Muzak ist der Name des berühmtesten Anbieters funktioneller Musik (Hintergrundmusik)
und gleichzeitig abwertendes Synonym für eine ästhetisch vermeintlich minderwertige
»Kaufhaus-« oder »Fahrstuhlmusik«. In Amerika gehört der Konzern seit den 1980er Jahren
zur New Yorker Westinghouse Gruppe, Muzak/Deutschland ist Teil der Alcas Muzak Holding
B.V.72
Im Folgenden kurz: Muzak.
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Gegründet wurde das Unternehmen von dem Brigadegeneral George Squier, der
in den 1920ern seinen Dienst quittierte, um sich ein Patent zur telefonischen
Übertragung von Musik zu sichern und die Welt fortan mit möglichst allgegenwärtiger
Musikberieselung zu versorgen. Seine Firma hieß zunächst »Wired-Radio« (angelehnt an
den Übertragungskanal der Telefonleitungen) und wurde 1934 umbenannt in
»Muzak-Radio«. »Muzak« ist eine Wortschöpfung zusammengesetzt aus »Music«
und »Kodak«, dem Namen des damals ungemein erfolgreichen Herstellers von
Fototechnik.
Die Idee, Musik massenhaft in den Alltag zu überführen, lag förmlich in der Luft.
Vorangegangen waren – neben den bekannten Innovationen von Radio und Grammophon
– beispielsweise die Sozialutopie Edward Bellamys (1888) »Looking Backward From 2000 to
1887«73 .
In dieser zeichnet der Autor für das Jahr 2000 das Bild von einer glücklichen Gesellschaft
mit einer hohen Lebensqualität, welche u. a. durch die allgegenwärtige Musikbeschallung
bedingt wird. Eine ähnliche Geschäftsidee wie Squier hatte Thaddeus Cahill mit seinem
1897 patentierten und 1907 der Öffentlichkeit präsentierten »Dynamophon«, auch
bekannt als »Telharmonium«. Das Dynamophon war eines der ersten Geräte zur
elektronischen Klangsynthese und regte z. B. den Komponisten Ferrucio Busoni
zu einem schwärmerischen Essay über eine neue Musikästhetik an (benutzt
hat er es jedoch nie). Das Dynamophon, dessen elektronisch generierte Klänge
direkt in das Telefonnetz eingespeist wurden, sollte über die eigens gegründete
Vetriebsfirma »New England Electric Music Company« vor allem an Städte
verkauft werden. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch letztendlich, da zum einen die
Herstellungskosten immens waren (angeblich $ 200 000 pro Gerät) und zum anderen
dadurch, dass durch die Musikübertragung Telefongespräche im Netz gestört
wurden.74
Auch jenseits der medialisierten Wiedergabe bahnte sich die Musik ihren Weg in den
Alltag: 1920 in einer Pariser Galerie dargeboten, propagierte Erik Satie die
Idee einer »Musique d’Ameublement«, die – der späteren Musik Muzaks nicht
unähnlich – gerade keine besondere Aufmerksamkeit beanspruchen, sondern
als »musikalisches Mobiliar« lediglich als Element des Ambientes fungieren
sollte.75
Muzak platzierte sich mit dem Musikangebot in den 1930ern inmitten der Errungenschaften
der technologischen Moderne in den USA:
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