bis zu ihrem dramatischen Ende – dem Filmriß. Die
damit verbundenen Geräusche fassen Köner und Reble als musikalischen Prozeß
auf:
»die harmonischen Spektren der Projektionsmaschine, vibrierend. Das Zischen
und Dampfen der Chemikalien, durch Mikrofone verstärkt, formbar gemacht
durch Eingriffe in die Binnenstruktur des Klanges.«7
7 O.A. (1998, S. 23f)(Hervorhebungen im Orginal).
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Figuren der Auflösung haben nicht nur in der Filmkunst, sondern auch in der
Medienmusik
Konjunktur. Dazu gehören die Formen der Zeitachsenmanipulation mit (Re-)Produktionsmedien,
so wie sie in Kapitel 4.1 beschrieben wurden; sie lassen sich als Figuren der Auflösung
subsumieren. Hierzu einige Beispiele: Bei der Tonbandmontage macht Cage
Schnittechniken8
8 Vgl. auch Abschnitt »Cut, Copy & Paste – Montage mit verschiedenen
Schnittechniken«.
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zum Thema, und damit die Möglichkeiten der Gestaltung der Differenz zwischen zwei
Klängen:
»Der hauptsächliche technische Beitrag meiner Arbeit mit dem Tonband
besteht in der Montage-Methode, das heißt in der Methode, das Material
derart zu schneiden, daß es die Ein- und Ausschwingungen der aufgenommenen
Klänge berührt.«9
Wenn der DJ beim Scratchen die in den Schallplattenrillen gefrorene Zeit als
Wegstrecke
mit Nadel und Plattenteller reanimiert, dann kann von einer variantenreichen
Temporalisierung der Differenz zwischen Stillstand und Beschleunigung gesprochen
werden, bei der die »phonoplastische Legierung« (Eshun) der Schallplatte,
des Mediums hörbar wird. Ulf Poschardt schreibt: »Differenzen auszuhalten,
zu denken und im schöpferischen Prozeß zuzulassen ist eine Grundidee der
DJ-Ästhetik, in der sich die Differenz stets in der Unnahbarkeit zweier Plattenspieler
widerspiegelt.«10
10 Poschardt (1997, S. 302f).
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An die Stelle der Differenz zwischen zwei Plattenspielern montiert der DJ das Mischpult,
mit dem sich Figuren der Auflösung wie Crossfading und Transforming verzeitlichen
lassen. Wenn Steve Reich Tonband-Loops in unterschiedlicher Geschwindigkeit abspielt,
dann wird die Differenz zwischen Synchronisation und Desynchronisation als Figur der
Auflösung sukzessive verzeitlicht.
5.1.2. Re-Entry: das Medium als Form
In der Medienmusik tritt das (technische) Medium auf verschiedene Weisen
als Form in sich selbst wieder ein. Die Figur des Re-Entrys ist ein Ärgernis
für Ingenieure und ›HiFi-Freaks‹. Ihr Medienideal ist die perfekte Abbildung,
das Medium als Spiegel der Wirklichkeit. Sie streben nach der Unhörbarkeit
des technischen Kanals. Medien figurieren auf der materiellen Ebene auf der
Formseite von Medium und Form (und damit auf der beobachtbaren Innenseite
der Unterscheidung) auf der Bildebene als »Rahmen, Raster, Gitter, Netze
etc.«11 ,
bzw. in der Musik als Störgeräusche (Knistern, Rauschen); und wurden zu einer
»Fehlerästhetik«12
12 Klopotek (1999, S. 39).
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stilisiert. Karriere konnte diese Ästhetik erst machen, nachdem die technischen Mängel,
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