- 91 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
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Modell, das weniger die phänomenale Seite des Realen beschreibt, als die Gesetze, die es beherrschen. Was dem Bild vorangeht, ist nicht der Gegenstand (die Dinge, die Welt...), das abgeschlossene Reale, sondern das unvollständige und approximative Modell des Realen, also seine durch reine Symbole formalisierte Beschreibung.«106
106 Couchot (1991, S. 348).

Jean Baudrillard kommentiert (mit Lacan): »Es gibt keinen Spiegel des Seins und der Erscheinungen, des Realen und seines Begriffes mehr.«107

107 Baudrillard (1978, S. 8).
Losgelöst von den Grenzen und Zwängen des Realen öffnet sich in Computermedien ein schwereloser »Rausch an Möglichkeiten«.108
108 Winkler (1994, S. 298).
Der erste Schritt in die Virtual Reality109
109 Vgl. u.a. Rheingold, Howard, Virtual Reality, New York 1991. Beobachtend im Modus des Beobachters zweiter Ordnung, der bekanntlich dazu führt, daß sich Latenzen in Kontingenzen verwandeln, merkt Luhmann zu dem Begriff an: »Der Name ›virtual reality‹ begünstigt den Irrtum, daß es trotzdem noch eine wirkliche Realität gebe, die mit der natürlichen Ausrüstung des Menschen zu erfassen sei, während es längst schon darum geht, diese natürliche Ausrüstung als nur einen Fall unter vielen möglichen zu erweisen.« KdG, S. 243
des Computers beginnt immer mit einem leeren Bildschirm. Jeder Arbeitsschritt wird durch umfangreiche Softwarepakete unterstützt, »die so massefreileicht, reich an Alternativen und revidierbar erscheinen, daß sie den Rechner als eine Art utopische Landschaft erscheinen lassen.«110
110 Winkler (1994, S. 298).
Der Computer fungiert dabei als Leerstelle, Schaltmoment zwischen Input und Output. Die Computertechnik selbst ist opak. Sie verbirgt sich hinter dem Monitor und es gilt der Satz: »Je benutzerfreundlicher ein System ist, [...] um so undurchsichtiger wird das Medium«111
111 Schläbitz (1997, S. 193).

»Es ist das Prinzip der Digitalität, daß sie simulierend arbeitet. Die heutigen Digitalmaschinen sind an keine Form, an keinen Körper mehr gebunden. Im Gegensatz zu den maschinisierten Tätigkeiten, die in der industriellen Fertigung am Fließband ausgeführt werden, bleibt der Arbeitsprozess des Computers dem Bediener vollständig verborgen, weil er nicht greifbar materiell durchgeführt wird. Er durchläuft vielmehr auf einer abstrakten Ebene zahlreiche algorithmische Verschaltungswege, um erst das Ergebnis – das bearbeitete Produkt – dem ’User’ wieder greif-, seh- oder hörbar zu machen.«112

112 Bickel (1992, S. 60).

Zur Orientierung im Möglichkeitsrausch werden die wohlbekannten medialen Formen herangezogen, die sich in den ›alten‹, analogen Medien schon einmal durchgesetzt haben. Das gilt für die Gestaltung des ›Contents‹ wie für die Gestaltung der Hardware und Software gleichermaßen.

»Datenverarbeitung ohne Einsatz von alten Medien ist undenkbar. Sie liefern den Stoff für das Prozessieren. Die Peripheriegeräte des Computers dienen dazu, das Material, das die alten Medien liefern aufzusaugen. Es steht noch eine ganze Welt für den Scanner bereit. Erst wenn die Computer sich von ihren Peripheriegeräten emanzipiert haben und die zentrale Prozessiereinheit selbstständig arbeiten kann, ändert sich der Status der alten Medien.


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