- 90 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
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Transformationen von analog zu digital zu analog durch Computertechnologie ziehen derzeit in immer schwerer überschaubaren Ausmaßen (siehe das Phänomen Internet) neue, intermediale Medien und Formen nach sich. Eine umfassende Darstellung der digitalen Medien und der sich um sie gruppierenden Diskurse kann hier nicht geleistet werden. Zur Unterstützung und Erläuterung der in diesem Abschnitt vertretenen These einer Repositionierung analoger Formen in den digitalen Medien sollen punktuell Ausschnitte aus den Diskursen um den Computer als Medium dargelegt, und einige Beispiele aus dem Bereich Musik und Computer vorgestellt werden.

Der Computer verdankt seinen Namen Alan Turings Definition von computability, der Fähigkeit des Rechnens, die er 1936 mit der Erfindung seiner Universalen Diskreten Maschine lieferte. Die Frühgeschichte des Computers war (wiederum) eine Militärgeschichte. Turings Theorien zu den Techniken der (automatisierten) Berechenbarkeit kamen erstmals im zweiten Weltkrieg bei der Kryptoanalyse analoger (deutscher) Chiffriertechnologie (ENIGMA) zum ›Einsatz‹. Später ›dienten‹ sie u.a. der Verbesserung der Treffsicherheit von Lenkwaffensystemen oder zur Berechnung der Druckwellen von Atombomben.100

100 Vgl. zur Frühgeschichte des Computers: Kittler (1986, S. 352ff).
Die Militärtechnologie »der Graben, Blitze, Sterne – Speicherung, Übertragung, Verkabelung«101
101 Ebd. (S. 379).
, ist heute (in der westlichen Welt) ubiquitär. Die Hard- und Software, die mittlerweile für den heimischen PC verfügbar ist, ist seit ca. Anfang der 1990er Jahre so leistungsfähig, daß sich der Computer nicht mehr bloß als Rechenwerkzeug, sondern als universales Medium begreifen lässt.

»Die digitale Computer- und Nachrichtentechnik bietet eine gemeinsame technische Basis zur Verarbeitung völlig unterschiedlicher Medienformen wie Schrift, Ton, Sprache, Musik und Film.«102

102 Coy (1995, S. 52).

Digitale Differenz103

103 Vgl. Tholen (1997).
heißt seither mehr als nur das Zerhacken analoger (In-)Formationen zu Zahlenketten aus den Ziffern Null und Eins plus computabilitiy (Turing). Die Rechenautomaten stehen für einen Paradigmenwechsel im Maschinen- und Medienpark der Menschen. Die Maschinen zerlegen nicht mehr länger die Welt, sondern integrieren sie in ihre Schaltkreise.104
104 »The restructuring of human work and association was shaped by the technique of fragmentation that is the essence of machine technology. The essence of automation technology is the opposite. It is intergral and decentralist in depth, just as the machine was fragmentary, centralist, and superficial in ist patterning of human relationships.« McLuhan (1994, S. 8).
Mit dem Computer als Medium105
105 Vgl. Bolz (1994).
wurde das Tor zu den programmierbaren, künstlichen Welten der Simulation aufgestoßen. Anders als bei den analogen Medien, in die sich Reales als Spur einschreibt, repräsentiert der Computer die Realität nicht, er simuliert sie anhand von mathematischen Modellen.

»Das synthetische Bild repräsentiert nicht das Reale, es simuliert es. Es läßt keine optische Spur, keine Aufzeichnung irgendeiner Sache sehen, die da gewesen und dies jetzt nicht mehr ist, sondern erzeugt ein logisch-mathematisches


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