- 83 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
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1958 erfand Charlie Watkins mit dem »Watkins Copicat« ein Echo-Effektgerät, das mit vier Tonköpfen und einer Tonbandschleife arbeitete, oder in den Worten des Erfinders: »No printed circuit boards, just a few valves, a tape loop [...] and a bit of imagination«.74
74 Watkins, Charlie, Watkins Electric Music History,
http://www.wemwatkins.co.uk/ (03.06.1999).
Durch die variable Laufgeschwindigkeit und die regelbare Wiedergabelautstärke der einzelnen Tonköpfe ließen sich Echo-Effekte erzielen, die insbesondere in den Popmusikproduktionen der sechziger Jahre und im Dub-Reggae eingesetzt wurden.

4.1.2.3.2 Vertikale Zeitachsenmanipulationen

Vertikale Zeitachsenmanipulationen und damit das Übereinander von Klangereignissen werden beim Tonband insbesondere durch die Mehrspurtechnik möglich. In diesem Abschnitt werden ausgewählte Beispiele für Formen, die sich im Medium der vertikalen Zeitachsenmanipulationen beobachten lassen, vorgestellt.

Overdubbing-Verfahren – Schichtung
Durch Mehrspurtechnik sind Aufnahmen möglich, die in zeitlich voneinander getrennte Vorgänge aufgeteilt werden. Diese sog. ›Takes‹ lassen sich separat korrigieren, d.h. es ist möglich Varianten zu produzieren. So kann z.B. zu einer bereits bespielten Tonbandspur auf einer weiteren Spur etwas hinzugefügt werden. Diesen Vorgang nennt man »Overdubbing«.75

75 Vgl. Schiffner (1991, S. 34f).
Die technischen Entwicklungen in der Mehrspurtonbandtechnik und der Studiotechnik (Mischpulte, Effektgeräte, getrennter Aufnahme- und Kontrollraum etc.) hatten einen starken Einfluß auf die Produktion von populärer Musik: Die Herstellung eines Tonträgers vollzieht sich heute i.d.R. in den drei Schritten der Aufnahme, des Mischens und des Masterings. Welchen Einfluß die (Re-)Produktionsverhältnisse im Studio auf die Musik haben, dafür werden hier exemplarisch die theoretischen Positionen von Edward R. Kealy, Chris Cutler und Ulrich Roesner/Günter Mayer und als Praxisbeispiel die Produktion zu dem Album Mezzanine (1998) von Massive Attack angeführt.

Chris Cutler beschreibt das Tonstudio mit seiner Mehrspuraufnahmetechnik als Instrument, mit dessen Hilfe die Musik sich folgenreich von den Zwängen ihres zeitlichen Ablaufs (z.B. bei einer Aufführung) befreien läßt. Im Medium der Aufzeichnung werden neue musikalische Formen möglich:

»Das Montieren und Gestalten von Musik auf dem Tonband schließt die Manipulation des Bandes selbst und der dazu benutzten elektronischen Anlagen ein. Seit der Entwicklung der Mehrspuraufnahmetechnik hat die Unkompliziertheit von Synchronisation, selektivem Ergänzen, Löschen und von elektronischer Klangveränderung, sowohl vor als auch nach der Aufnahme, die Nutzung des Studios als Instrument denn als bloßes Dokumentationswerkzeug befördert. Die Musik kann sowohl vertikal als auch horizontal in Zeit montiert, gestaltet und wieder aufgelöst werden.«76

76 Cutler (1995, S.39).


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