- 76 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
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mit der Erfindung von Ray M. Dolby das nach ihm benannte Dolby-Rauschunterdrückungssystem hinzu, das einen Dynamikgewinn von bis zu 20 dB ermöglicht. Stereotonbänder, und damit die Möglichkeit der Tonaufnahme auf zwei getrennten Spuren, waren im gehobenen Amateurbereich ab 1958 verfügbar (im Studiobereich erstmals 1943 mit dem AEG K7). Es folgten Dreispurgeräte53
53 In den Studios der Musique concrète in Paris ab 1951, vgl. Prieberg (1960, S. 91).
, Vierspurgeräte und Ende der sechziger Jahre waren Aufnahmen auf acht voneinander getrennten Spuren Studiostandard. Heute arbeitet man mit 24- oder 32-Spur-Bandmaschinen, die mit ca. 5,1 cm breiten Tonbändern ausgerüstet sind und mit einer Bandgeschwindigkeit von 38 cm/sec oder 76 cm/sec laufen. Seit den 50er Jahren wurden verschiedene Formate der Musik-Cassette (MC) entwickelt, das von Phillips konnte sich ab 1963 durchsetzen.

Aufnahmen auf Schallplatten setzen eine waagerechte und stabil bleibende Unterlage voraus. Mit dem gerade noch rechtzeitig von AEG entwickelten, erschütterungsresistenten und transportablen Bandgerät Tonschreiber b, hatte das deutsche Reichspropagandaministerium im zweiten Weltkrieg die Möglichkeit erstmals Originalkampfaufnahmen in die radiophone Kriegsberichterstattung einzubauen; »der Kampf als akustisches Erlebnis wurde spielbar«.54

54 Kittler (1982, S. 163).
Das Tonband erweiterte in seiner frühen Verwendungsgeschichte aber nicht nur die Hörerlebnisse der Öffentlichkeit, sondern revolutionierte auch den Agentenfunk. Mit dem Tonband war die ›Handschrift‹ des jeweils am Telegraphen morsenden Agenten aufschreibbar. Die deutsche Abwehr verfügte über ein zentrales Archiv mit diesen ›Handschriften‹ und sie konnte abgleichen, ob am anderen Ende des Drahtes tatsächlich der eigene Agent oder aber ein Agent der Gegenseite seine Botschaften übermittelte.

»Daß im Gerätepark der gegnerischen Dienste Tonbänder noch fehlten, erlaubte ihr berühmte Funkspiele, die ihrem Namen zum Trotz aber keine Unterhaltung für Lautsprechermillionen waren, sondern der Tod für 50 britische Agenten.«55

55 Ebd. (S. 164).

Kurz nach dem Krieg erwog Alan Turing, das Papierband seiner Universalen Diskreten Maschine (1936) durch ein erbeutetes Wehrmachtsmagnetophon als Datenspeicher für ein weiteres Kriegsgerät zu verwenden, den Großcomputer.

»Das Weltkriegstonband eröffnete die musikalisch akustische Gegenwart. Über Speicherung und Übertragung, Grammophon und Radio hinaus schuf es Imperien der Simulation.«56

56 Ebd. (S. 164).
4.1.2.2 Technische Grundlagen des Tonbands

Tonbandgeräte und Bandmaterial57

57 Enders (1997).
– und damit der technische Kanal zwischen Aufnahme und Wiedergabe – prägen sich auf unterschiedliche Weisen in das Audiomaterial ein. Oder differenztheoretisch ausgedrückt: das technische Medium tritt als Form auf seiner eigenen, hörbaren Formseite (der Unterscheidung von Medium

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