es das Beobachtete herausgreift.« (S. 51) Alles, was
beobachtet werden kann, und damit im Bewußtsein des jeweils beobachtenden Systems
konstruiert wird, erhält durch die Operation Beobachtung eine Form und damit eine
Unterscheidung mit zwei Seiten, der bezeichneten und der unbezeichneten.
Dies ist grundlegend für ein Verständnis des Beobachtungsschemas Medium
und Form. (4) Identität ist Differenz. Jeder Beobachter, der die Frage »was
ist...« stellt, trifft auf diese Paradoxie. Ein System ist z.B. in diesem Sinne
eine Form und damit eine Unterscheidung mit zwei Seiten. »Ein System ist
die Differenz von System und Umwelt, ist die Grenze, die eine innere Seite
(System) und eine äußere Seite (Umwelt) trennt.« (S. 51) Dem Bewußtsein als
selbstbeobachtendes System bleibt somit nur die Annahme der Selbstfundierung in einer
Paradoxie, aber mit diversen Möglichkeiten der Entfaltung und damit ihrer
Überführung in Identität(en), die aber als kontingent begriffen werden müssen. Auf
dieser differenztheoretischen Basis kann dann auch mit Luhmann jeder sich
selbst »irgendwie« identifizieren. Dies geschieht, indem die Differenz von System
und Umwelt in das System hineinkopiert wird. Dieser Wiedereintritt oder mit
Georg Spencer-Brown dieses Re-Entry der Differenz bzw. Form in sich selbst,
ermöglicht eine Selbstbeobachtung anhand der Unterscheidung Selbstreferenz und
Fremdreferenz.
Luhmann beschreibt die Gesellschaft als ein sich selbst stabilisierendes
Kommunikationssystem. Anders als in der subjektphilosophischen Tradition, in der der Mensch
die kleinste Einheit des Sozialen darstellt, wird in der Systemtheorie Kommunikation als
Element des Sozialen definiert. Soziale Systeme wie z.B. das Kunstsystem sind autopoietische
Kommunikationssysteme91 ,
die sich reproduzieren, indem sie fortlaufend Kommunikation an Kommunikation
anschließen. Bedingung dafür ist, daß jeweils ein Sinnzusammenhang hergestellt werden
kann.92
92 Vgl. Luhmann (1995c, S. 32). Sinn aktualisiert potentielle Möglichkeiten durch
Selektion
im Medium der Komplexität. Sinn ist also eine Form des Umgangs mit Komplexität.
Luhmann bezeichnet Sinn auch als allgemeinstes Medium, das soziale und psychische
Systeme ermöglicht. »Sinn garantiert den systemkonstituierenden Ereignissen, seien es
aktuelle Bewußtseinsinhalte, seien es Kommunikationen, daß von ihnen aus die Welt
zugänglich bleibt, obwohl die Ereignisse mit ihrem Entstehen schon wieder verschwinden
und jeweils das erste und das letzte Mal vorkommen. Zugänglich ist die Welt natürlich
nicht als Einheit, als Ganzheit, als Totalität, als mystisches ’alles in einem Augenblick’,
sondern nur als Bedingung und Bereich des zeitlichen Prozessierens von Sinn. Von jedem
Sinn aus kann anderer Sinn gefunden werden. Die Frage ist wie?« KdG (S.
173).
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Kommunikation ist als Drei-Selektionen Modell konstruiert. Es
besteht aus den Komponenten Information, Mitteilung und
Verstehen.93
93 Vgl. u.a. Luhmann (1984).
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»Kommunikation
prozessiert Selektionen.«94
Jede (1) Information ist eine Selektion von Unterscheidungen aus einem Horizont von
Möglichkeiten. Luhmann schreibt: »Alles, was in der Welt ist oder gemacht wird, ist auch anders
möglich.«95
Die Unterscheidungen bzw. Information, die z.B. bei der Erstellung dieses Textes
gewählt wurden, sind Bedingung dafür, daß Wahrnehmbares für Kommunikation im
ersten Schritt überhaupt verfügbar wird. In der Kommunikation werden – sofern sie (2)
mitgeteilt werden – diese Unterscheidungen (Formen) durch einen Beobachter
wahrgenommen. (3) Verstehen schließt
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