- 47 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (46)Nächste Seite (48) Letzte Seite (123)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

es das Beobachtete herausgreift.« (S. 51) Alles, was beobachtet werden kann, und damit im Bewußtsein des jeweils beobachtenden Systems konstruiert wird, erhält durch die Operation Beobachtung eine Form und damit eine Unterscheidung mit zwei Seiten, der bezeichneten und der unbezeichneten. Dies ist grundlegend für ein Verständnis des Beobachtungsschemas Medium und Form. (4) Identität ist Differenz. Jeder Beobachter, der die Frage »was ist...« stellt, trifft auf diese Paradoxie. Ein System ist z.B. in diesem Sinne eine Form und damit eine Unterscheidung mit zwei Seiten. »Ein System ist die Differenz von System und Umwelt, ist die Grenze, die eine innere Seite (System) und eine äußere Seite (Umwelt) trennt.« (S. 51) Dem Bewußtsein als selbstbeobachtendes System bleibt somit nur die Annahme der Selbstfundierung in einer Paradoxie, aber mit diversen Möglichkeiten der Entfaltung und damit ihrer Überführung in Identität(en), die aber als kontingent begriffen werden müssen. Auf dieser differenztheoretischen Basis kann dann auch mit Luhmann jeder sich selbst »irgendwie« identifizieren. Dies geschieht, indem die Differenz von System und Umwelt in das System hineinkopiert wird. Dieser Wiedereintritt oder mit Georg Spencer-Brown dieses Re-Entry der Differenz bzw. Form in sich selbst, ermöglicht eine Selbstbeobachtung anhand der Unterscheidung Selbstreferenz und Fremdreferenz.

Luhmann beschreibt die Gesellschaft als ein sich selbst stabilisierendes Kommunikationssystem. Anders als in der subjektphilosophischen Tradition, in der der Mensch die kleinste Einheit des Sozialen darstellt, wird in der Systemtheorie Kommunikation als Element des Sozialen definiert. Soziale Systeme wie z.B. das Kunstsystem sind autopoietische Kommunikationssysteme91

91 Vgl. KdG (S. 36).
, die sich reproduzieren, indem sie fortlaufend Kommunikation an Kommunikation anschließen. Bedingung dafür ist, daß jeweils ein Sinnzusammenhang hergestellt werden kann.92
92 Vgl. Luhmann (1995c, S. 32). Sinn aktualisiert potentielle Möglichkeiten durch Selektion im Medium der Komplexität. Sinn ist also eine Form des Umgangs mit Komplexität. Luhmann bezeichnet Sinn auch als allgemeinstes Medium, das soziale und psychische Systeme ermöglicht. »Sinn garantiert den systemkonstituierenden Ereignissen, seien es aktuelle Bewußtseinsinhalte, seien es Kommunikationen, daß von ihnen aus die Welt zugänglich bleibt, obwohl die Ereignisse mit ihrem Entstehen schon wieder verschwinden und jeweils das erste und das letzte Mal vorkommen. Zugänglich ist die Welt natürlich nicht als Einheit, als Ganzheit, als Totalität, als mystisches ’alles in einem Augenblick’, sondern nur als Bedingung und Bereich des zeitlichen Prozessierens von Sinn. Von jedem Sinn aus kann anderer Sinn gefunden werden. Die Frage ist wie?« KdG (S. 173).
Kommunikation ist als Drei-Selektionen Modell konstruiert. Es besteht aus den Komponenten Information, Mitteilung und Verstehen.93
93 Vgl. u.a. Luhmann (1984).
»Kommunikation prozessiert Selektionen.«94
94 Bolz (1993a, S. 42).
Jede (1) Information ist eine Selektion von Unterscheidungen aus einem Horizont von Möglichkeiten. Luhmann schreibt: »Alles, was in der Welt ist oder gemacht wird, ist auch anders möglich.«95
95 KdG (S. 155).
Die Unterscheidungen bzw. Information, die z.B. bei der Erstellung dieses Textes gewählt wurden, sind Bedingung dafür, daß Wahrnehmbares für Kommunikation im ersten Schritt überhaupt verfügbar wird. In der Kommunikation werden – sofern sie (2) mitgeteilt werden – diese Unterscheidungen (Formen) durch einen Beobachter wahrgenommen. (3) Verstehen schließt

Erste Seite (i) Vorherige Seite (46)Nächste Seite (48) Letzte Seite (123)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 47 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien