für die Musikwissenschaften erschließen möchte.
Anders als die alltägliche Erfahrung mit technischen Medien lehrt, machen die
Medientheorien darauf aufmerksam, daß Medien nicht bloß passive Vehikel
oder Behälter sind, sondern aktiv an den Botschaften mitschreiben, die sie
transportieren17
17 Schon Friedrich Nietzsche, der erste »mechanisierte« Philosoph, der eine
Schreibmaschine
benutzte, erkannte: »Unser Schreibzeug arbeitet mit an unseren Gedanken.« Zitiert nach
Kittler (1986, S. 293).
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, daß nach der
»Materialität der Kommunikation«18
18 Gumbrecht; Pfeiffer (Hg.) (1988).
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gefragt werden muß. Der im Kontext von Luhmanns
Systemtheorie19
19 Die als eine kognitive Kommunikationstheorie angelegt ist.
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exkludierte Begriff der Materialität wird in den filmtheoretischen Überlegungen Yvonne
Spielmanns20
mit Marshall McLuhan medientheoretisch zurückgeholt. Spielmann folgend
sollen, eingebunden in das kultursemiotische System der Mediatisierung, die
Transformationstechniken in der Musik untersucht werden, die der Medialisierung, und
damit ihrer technisch-apparativen Dimension, zuzuschreiben sind. Dementsprechend wird
den formprägenden und autoproduktiven Kräften der technischen (Re-)Produktionsmedien
in der Musik nachgegangen.
Im Zentrum dabei steht das von Niklas Luhmann ausgearbeitete und
differenztheoretisch
angelegte Beobachtungskonzept Medium und Form, das im Anschluß an die
Schriften zur Intermedialität im Medium Film von Yvonne Spielmann und Joachim
Paech21
21 Paech (1994); Paech (1997); Paech (1998).
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auf medienästhetische Phänomene in der Musik übertragen werden soll. Spielmann und
Paech nutzen Medium und Form für eine formalistische Analyse intermedialer
Verschmelzungsphänomene, die sie »als Formbildung von Formen medialer
Koppelungen«22
22 Spielmann (1994, S. 33).
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beschreiben. Die Beobachtung von Formen der Medialisierung in der Musik verspricht
neue Zugriffe auf den Gegenstand und kann gewinnbringend für eine theoretische
Annäherung an die heute virulente Musikkultur der (Re-)Produktionsmedien
herangezogen werden, das ist hier die These.
Ausgehend von dem Gedanken Marshall McLuhans, daß der Inhalt eines neuen
Mediums immer ein altes Medium sei, beschreibt dieser Text aus der Perspektive der
›neuen‹, digitalen Medien mediale Transformationsprozesse in der Musik am Beispiel der
›alten‹, analogen Medien Schallplatte und Tonband. Zur Einführung werden in Kapitel 2
zunächst die Einflüsse der analogen Reproduktionsmedien auf die Musik in Theorie und
Praxis näher beleuchtet. Die dominanten musikwissenschaftlichen Diskurse zur
Unterscheidung von Original und technischer Reproduktion und der von Walter
Benjamin in diesem Zusammenhang ins Spiel gebrachte Aura-Begriff werden dabei
genauso berücksichtigt, wie die historische Entwicklung von der reinen Reproduktion des
Originals hin zu einer produktiven Distanz, die sich nicht nur in dem Wortkonstrukt
»(Re-)Produktion«, im Titel dieses Textes, sondern auch in vielen künstlerischen
Positionen des 20. Jahrhunderts niederschlägt. Zur Stärkung des Begriffs werden
beispielhaft fünf unterschiedliche künstlerische Strategien der (Re-)Produktion
vorgestellt. Dazu gehören die Arbeiten von: László Moholy-Nagy, Pierre Schaeffer, Glenn
Gould, John Cage, Kool DJ Herc und DJ Grandmaster Flash. Kapitel 3 führt in die
theoretischen Zugriffe auf Medienmusik ein. Einer Darstellung der je aktuellen musik-
und medienwissenschaftlichen
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