- 27 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
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grundlegende Form des »Deejayens« (Poschardt) als »das Mischen zweier Platten. Um daraus die Kreation von etwas Drittem zu bewirken«.106
106 Ebd. (S. 34).
In den Worten von DJ Westbam:

»Man will nicht ganz behutsam mit der Musik umgehen und den Song wahren. Sondern genau das: dieses Werk auflösen und dieses Werk in einen anderen Aggregatzustand überführen und letztendlich, ja den Song auflösen und den Track dadurch herstellen.«107

107 Westbam (1997, S. 62).

Kool DJ Hercs Mix-Werke der ersten Stunde beruhten auf Augenmaß. Das heißt: er führte die Nadel des Plattenspielers ohne Kontrolle des Ohres an die richtige Stelle auf der jeweiligen Schallplatte – entsprechend rau war der Charakter seiner Musik. Das Problem der sauberen Synchronisation der Breaks löste DJ Pete Jones, der an seinem Mischpult die Schallplatten vorhören konnte. Davon erfuhr DJ Grandmaster Flash, der schon bald einen virtuosen Umgang mit den (Re-)Produktionsmedien pflegen sollte.

»Mir war sofort klar, wie das ging, denn ich hatte ja die Elektrofachschule besucht. Innerhalb der Einheit mußte es einen Pol geben, mit einem Schalter, der drei Stellungen haben konnte. War er in der Mitte, war es aus, war er links, hörte man den linken Plattenspieler, war er rechts hörte man den rechten. Ich brauchte nur zum Einzelteile-Händler zu gehen, um einen solchen Schalter zu finden, dann brauchte ich nur noch etwas Kleber, um das Ganze an meinem Mischpult zu befestigen, einen zusätzlichen Verstärker und Kopfhörer. [...] Jetzt konnte ich überblenden. [...] Es ergab sich wie von selbst. Ich wollte kurze Passagen von Schallplatten nehmen und sie erstmal nur in der selben Geschwindigkeit laufen lassen, keine Tricks, nur den Beat halten. Sehr kurze Stücke vielleicht 40 Sekunden, und dann einen Beat vielleicht 5 Minuten halten, je nachdem wie populär die jeweilige Platte war.«108

108 DJ Grandmaster Flash, zitiert nach: Toop (1994, S. 98f).

Die DJ-Kunst mit Vinylplatte und Plattenspieler wurde seither weiterentwickelt und verfeinert. Auch der technisch weit überlegene Sampler, der Mitte der achtziger Jahre erschwinglich wurde, konnte die Schallplatte nicht verdrängen. Der deutsche DJ Westbam spricht von einer eigenständigen »Record Art«, zu der er das Mixen, Cutten und Scratchen der DJs zählt. Er weist darauf hin, daß sich in der DJ-Virtuosität eine spezifische Mixkultur entwickelt hat, die weit über ein einfaches Plattenauflegen hinausweist:

»Die Methoden der Record Art sind: das Mixen (Übereinanderlaufenlassen von Platten), das Cutten (Aneinanderschneiden von Platten) und, nicht zuletzt, das berühmt-berüchtigte ’Scratchen’ (das sich allerdings einer kurzen, griffigen Definition sperrt): Keineswegs ist es nur das [...] Hin- und Herwackeln, zu dem es von seinen ignoranten Kritikern gemacht und von deutschen Dilletanten Disc Jockeys zugerichtet wurde [...]. Am echten Scratching hängt neben - oder vielleicht besser: vor - der rhythmischen Akzentuierung eine neue Inhaltlichkeit; Wörter und Sätze können in eine andere Platte ’hineingescratcht’ werden. Neben diesem inhaltlichen Aspekt hängt, von den oben


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