- 26 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
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Cage fragt nicht »was«, sondern »wie« die Medien vermitteln.101
101 Cage operiert systemtheoretisch gesprochen als Beobachter zweiter Ordnung: »Generell tendiert ein Beobachter zweiter Ordnung dazu Latenzen in Kontingenzen zu transformieren. Damit geht einher die Neigung, Was-Fragen durch Wie-Fragen zu ersetzen.« KdG (S. 147).
1937 schrieb Cage über die Möglichkeiten der Klangkomposition – der Komposition von ›Sound‹ – mit technischen Reproduktionsmedien. Er schlägt vor, einen Filmprojektor als Musikinstrument zu gebrauchen, bei dem die Modulationsmöglichkeiten der Parameter Lautstärke und Frequenz gegebener Klänge zum Gegenstand der Komposition werden:

»[...] what we hear is mostly noise. When we ignore it, it disturbs us. When we listen to it, we find it fascinating. The sound of a truck at 50 m.p.h. Static between the stations. Rain. We want to capture and control these sounds, to use them, not as ›sound effects‹ but as musical instruments. Every filmstudio has a library of ›sound effects‹ recorded on film. With a film phonograph it is now possible to control the amplitude and frequency of any one of these sounds and to give it rhythms within or beyond the reach of anyone’s imagination.«102

102 Cage, zitiert nach: Hagen (1996, S. 84).

Medienkomposition heißt demnach: nicht den Inhalt des Mediums, sondern mit dem Medium selbst zu komponieren. Wolfgang Hagen deutet das Vorgehen des Sohnes eines Erfinders und Radiotechnikers als Möglichkeit zur Überwindung des »Inertialsystems« (Hagen) der Musiktheorie mit Hilfe der Medientechnik, »die mehr als gespielte Noten präsentiert.«103

103 Hagen (1996, S. 84).
Wie schon der Komponist Arnold Schönberg – bei dem Cage in Kalifornien an einigen Kursen teilgenommen hatte – folgert auch der Medientheoretiker Wolfgang Hagen, daß bei Cage Komposition und Erfindung äquivalent sind. Daniel Charles hat Cage dazu befragt:

»Frage: Schönberg, dessen Schüler sie waren, sagte, daß sie ›kein Komponist seien, sondern ein Erfinder – mit Genie‹. Was haben sie erfunden? Antwort: Musik (nicht die Komposition).«104

104 Cage (1984, S. 13).

Die Arbeit mit Medientechnik stellt – das sei hier der Vollständigkeit halber gesagt – nur eine Facette des Musikers und Künstlers John Cage dar.

2.2.5.  Kool DJ Herc, DJ Grandmaster Flash

Um Musik ging es auch jungen New Yorker DJs Mitte der siebziger Jahre. Mit zwei alten Gerard-Plattenspielern, einem Vorverstärker mit zwei Knöpfen zum Mischen und einem Soundsystem gelang es zuerst Kool DJ Herc die Breakbeats, das sind zumeist spärlich instrumentierte Rhythmuspassagen, zu isolieren und in Echtzeit neu aneinanderzufügen.105

105 Vgl. Poschardt (1997, a.a.O., S. 166).
Zur Realisitation seiner Montagekunst arbeitete Herc mit zwei Exemplaren der gleichen Platte und ließ den Break abwechselnd auf dem einen und dem anderen Plattenspieler laufen. Oder aber er wechselte von dem Break eines Stückes auf den Break eines anderen über. Ulf Poschardt definiert diese

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