- 25 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (24)Nächste Seite (26) Letzte Seite (123)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Zur Schallplatte beispielsweise bemerkt Cage, daß sie mehr als nur »tragbares Museum oder beweglicher Konzertsaal« sein kann:

»[...] obwohl die Leute annehmen, sie können Schallplatten als Musik verwenden, müssen sie schließlich begreifen, daß sie sie als Schallplatten gebrauchen müssen. Und Musik lehrt uns, würde ich sagen, daß der Gebrauch der Dinge, falls er sinnvoll sein soll, eine kreative Handlung ist. Deshalb ist die einzige lebendige Sache, die mit einer Schallplatte geschehen kann, daß man sie auf eine Weise gebraucht, die etwas Neues entstehen läßt. Wenn man zum Beispiel mit Hilfe einer Schallplatte ein anderes Musikstück machen könnte, indem man eine Schallplatte oder andere Geräusche der Umwelt oder andere Musikinstrumente einbezieht, dann würde ich das interessant finden, und tatsächlich habe ich in einem meiner Stücke diese Idee verwirklicht. [...] Unglücklicherweise benutzen die meisten Leute, die Schallplatten sammeln, sie auf ganz andere Weise: als eine Art tragbares Museum oder als beweglichen Konzertsaal.«98

98 Cage, zitiert nach Zeller: der Beilage »Conversations with John Cages, Christian Wolff – Hans G. Helms« zur EMI Schallplatten-Kassette »Music before Revolution« (Ensemble Musica Negativa conducted by Rainer Riem), (S. 115 f).

1939 realisierte Cage seine erste, einen Schallplattenspieler als Musikinstrument einbeziehende Medienkomposition, Imaginary Landscape No. 1. Er operierte dabei mit Meßschallplatten für akustische Testzwecke:

»Frequenzaufnahmen und Aufnahmen vom Gejaul eines Generators wurden auf Plattentellern verwendet, deren Umlaufgeschwindigkeit sich variieren ließ, so daß man gleitende Töne erhielt. Um den Klang zu erzeugen, setzte man eine Nadel auf die Platte, obwohl daraus zuweilen ein unscharfer Einsatz resultierte. Dem war eine Anordnung von Knöpfen vorzuziehen, durch die es möglich war, die Nadel vor dem gewünschten Einsatz auf der Platte zu haben, wobei, je nach Stellung der Knöpfe, Klang und Stille erzeugt wurde. Auch hier konnte man die Lautstärke des Klanges wiederum sehr genau steuern. Ein Spieler kann mehrere Plattenteller bedienen und eine einzelne Stimme aufführen [...].«99

99 Cage (1973, S. 93).

Die 1952 entstandene Partitur Imaginary Landscape No.5 ist die Anleitung zu einer Tonbandproduktion, bei der Schallplattenaufnahmen ›recycled‹ werden. Sie beginnt mit der freien Auswahl des Medienmaterials, das aus 42 beliebigen Schallplatten besteht, durch die Interpreten. Die Partitur enthält lediglich Anweisungen ihrer Montage. Hans Rudolf Zeller hebt in diesem Zusammenhang hervor, daß Medienprodukte am besten in Relation zu einem anderen Medium zu kritisieren sind. Er weist darauf hin, daß das Verfahren der Collage als eine Handlung verstanden werden kann, »die fremd gewordene Objekte, gleichsam gefrorene, zur Ruhe gekommene Handlungen in einer Befreiungstat negiert, indem sie sie zerlegt und Teile des Materials neu kombiniert.«100

100 Ebd.


Erste Seite (i) Vorherige Seite (24)Nächste Seite (26) Letzte Seite (123)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 25 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien