Zeit. Das Streben nach
der Entwicklung einer neuen Harmonie und Verhältnis-Gesetzmäßigkeiten dokumentiert
den Versuch, aus den verschiedensten Elementen des späten 19. Jahrhunderts eine neue
Kunst zu synthetisieren: »eine Kunst die zwar aus dem Holz der Gegenwart geschnitzt
war, aber dennoch neben den Leistungen der klassischen Tradition bestehen
konnte.«69
69 Harrison; Wood (1998, S. 163).
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2.2.2. Pierre Schaeffer
Auch die Klangexperimente mit Schallplatte der »Musique concrète«,
die von dem
Ingenieur und Fernmeldetechniker Pierre Schaeffer im Jahr 1948 ›erfunden‹ wurde,
berufen sich auf futuristische Ideen, insbesondere auf die der Emanzipation des
Geräusches zum musikalisch gestaltungswürdigen Material. Dementsprechend trägt das
erste ›Konzert‹ der Musique concrète, das am 5. Oktober 1948 im Pariser Rundfunk
ausgestrahlt wurde, den Titel »Concert de bruits« – das Konzert der Geräusche. Es
bestand aus fünf nur wenige Minuten langen Studien mit den Titeln: Étude aux chemin
de fer, Étude aux tourniquets, Étude violette, Étude noire und Étude pathétique, die mit
sog. Endlos-Loops hergestellt wurden, wie sie bei der geschlossenen Schallplattenrille
entstehen.70
70 Vgl. Abschnitt »Horizontale Zeitachsenmanipulationen«, Kapitel
»Schallplatte«.
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Schaeffer bezeichnet seine Musik als Musique concrète, weil sie »auf
vorherbestehenden, entlehnten Elementen einerlei welchen Materials – seien
es Geräusche oder musikalische Klänge – fußt und dann experimentell
zusammengesetzt wird aufgrund einer unmittelbaren, nicht-theoretischen
Konstruktion.«71
71 Schaeffer (1974, S. 18).
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Die ab 1951 in der Musique concrète benutzte Tonbandtechnik eröffnete neben vielfältigen
Schnittmöglichkeiten auch weiträumige Geschwindigkeitstransformationen und damit gezielte
Tonhöhenveränderungen.72
72 Vgl. Abschnitt 4.1.2.3.1. Horizontale Zeitachsenmanipulationen mit dem Tonband.
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Weiterhin kommen in den Studios der Musique concrète Zusatzgeräte zum Einsatz
wie: Ringmodulatoren, Raumklangsteuergeräte, Filter, Hallgeräte, Verstärker
und diverse andere Effektgeräte. Pierre Schaeffer und seine Mitstreiter haben
Verfahren der experimentellen Klangforschung entwickelt, die vielfältige
Montage- und Mischtechniken einer Klangkunst umfassen, die nicht von festen
traditionellen Parametern ausgehen, sondern von den inneren Differenzierungen
und Bewegungsformen komplexer Klänge. Ausgangspunkt und Material der
Musique concrète sind potentiell alle Klänge, die sich mit technischen Mitteln
aufzeichnen lassen. Dazu gehört u.a. auch medial gespeicherte Musik, die von
einer ›konkreten‹ Komposition in den Aggregatzustand einer »Musik zweiten
Grades«73
73 Im Rekurs auf Adorno: Frisus (1997, S. 20).
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überführt werden kann. In ihrer Reinform verwirklicht sich die Musique concrète als
Lautsprechermusik. Der Zeitpunkt der Klangerzeugung fällt nicht mit dem der
Aufführung zusammen. In der »sogenannten konkreten Musik« (Schaeffer) erfolgt die
Komposition anders als in der traditionellen Musik, vom Konkreten zum Abstrakten.
D.h.: (1) von der medialen Bereitstellung des Materials, (2) einer Phase der Skizze und
des Experimentierens und (3) der eigentlichen Kompositionen mit dem Medienmaterial.
In der »Musik im gewohnten Sinn« (Schaeffer), der »sogenannten abstrakten«, erfolgt
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