- 16 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
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Mediatisierung zu erweitern. Die produktive Distanz, die Rzehulka für Reproduktionsmedien aufwirft, verdeutlicht das Verhältnis von Original zur technisch reproduzierten ›Livemusik‹, »deren mechanistisch-konstruktive Strukturen verdeckt bleiben und einen Abbildcharakter lediglich vorspiegeln.«58
58 Großmann (1997, S. 247).
Diesen Strategien der verdeckten Manipulation, der »Simulation als Täuschung«59
59 Ebd.
, stehen Strategien gegenüber, die die neuen künstlerischen Handlungs- und Gestaltungsoptionen der (Re-)Produktonsmaschinen offen in ihr künstlerisches Programm einbauen.

2.2.  Strategien der (Re-)Produktion

Im Gegensatz zu einer Mediennutzung, die technische Reproduktionsmedien im Sinne ihrer lexikalischen Bestimmung schlicht als Mittel zur Wiedergabe, Nachbildung und Vervielfältigung vorsieht, ist mit »(Re-)Produktionsmedien« ein funktionaler Einsatz der Reproduktionsmedien in dem Gebrauch als Instrumentarium künstlerischer Produktion gemeint. Der Gegenstand dieses Kapitels ist demnach eine Musik, die »unmittelbar in der Technik ihrer Produktion begründet«60

60 Benjamin (1966, S. 17, Anmerkung 9).
ist, oder auch, mit Igor Strawinsky, eine Musik, »die erst ihr wahres Bild, den Originalklang, durch die mechanische Wiedergabe erhielte.«61
61 Strawinsky (1989, S. 30).
Ein Zusammenhang zwischen Reproduktion und Produktion von Musik läßt sich bis zu den Anfängen der schriftlichen Musiknotation im 9. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Notenschrift war damals eine neue Form der Speicherung von Musik, »die in sich ein Potential für neue Weisen musikalischer Produktion enthielt, für raffiniertere Formen von Komposition«.62
62 Roesner; Mayer (1987, S. 96).
Erst mit der Visualisierung von Musik im Notenbild wurden neue Qualitäten kompositorischen Denkens und struktureller Differenzierung möglich, die sich in der klassischen (Schrift-)Musik widerspiegeln. Vergleichbare mediengeschichtliche Epochenschwellen lassen sich für die Musik mit den Entwicklungen der technischen Reproduktionsmedien von der Phonographenwalze bis zu den digitalen Harddisc-Recording-Systemen anschreiben. Diskutiert wird heute besonders der Wechsel von den analogen zu den digitalen Medien.

Für ein besseres Verständnis der hier behaupteten spezifischen, medialen Musikpraxis werden in diesem Kapitel beispielhaft ausgewählte künstlerische Positionen vorgestellt. Fokussiert wird dabei weder eine Aufarbeitung im Sinne einer historischen Vollständigkeit63

63 Für einen historischen Überblick zur Medienmusik im Bereich der artifiziellen Musik im 20. Jahrhundert siehe auch: Frisius (1996); Schöning (1996).
, noch die detaillierte Betrachtung und Analyse einzelner Werke. Die Medien-Musiker des 20. Jahrhunderts – soviel sei hier gesagt – sind keine Technikfetischisten. Sie situieren sich in musikalischen Kontexten, setzen sich in unterschiedlicher Weise mit dem Denken der Musiktradition auseinander und entwickeln neue Perspektiven durch Abgrenzung bzw. Erweiterung. Welche ästhetischen Strategien sich mit (Re-)Produktionsmedien entwickeln lassen, das soll in diesem Abschnitt beispielhaft anhand der künstlerischen Positionen von László

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